Ich verstehe dich bezüglich des Titels dann so, dass du dezidiert für eine „erzwungene“ Monogamie als der einzig tauglichen Beziehungsform bist, wenn Kinder im Spiel sind. Richtig?
Ich dagegen bin der Meinung, dass Kinder durchaus die Erotik in den Beziehungen der erwachsenen am Rande wahrnehmen können inklusive des Umstands, dass es sie nichts angeht und dass die Erwachsenen sich diesen Freiraum auch gegenüber den Kindern nehmen. Das hilft Kindern sicher, eine eigene gesunde und zwanglose Haltung zu ihrer eigenen Sexualität entwickeln zu können.
Warum das aber grade die leiblichen Eltern sein müssen oder nur auf eine Person beschränkt sein muss, erschließt sich mir überhaupt nicht. Da begrenzen mich eher die eigenen emotionalen Kapazitäten.
Ich halte sie für die natürlichste und beste Beziehungsform, wenn Kinder im Spiel sind.
Wenn der Freiraum außerhalb der Familie liegt, gefährdet er das Vertrauen, die Sicherheit und die Geborgenheit in ihrer Familie oder sogar den Bestand ihrer Familie. Das soll die Kinder nichts angehen?
Das erschließt sich mir nun wieder überhaupt nicht.
Genau, es geht um begrenzte emotionale Kapazitäten.
Drehen wir das Miterleben der Kinder mal um: Wie müssen sie sich fühlen, wenn ihnen so mit den ersten Schwärmereien im Vergleich klar wird, dass bei ihren Eltern nichts davon zu spüren ist, sondern dass sie ihnen zuliebe darauf verzichten.
Schuld und eine „gute Ehe“ wie sie im Buche steht.
Die Kinder werden es für selbstverständlich halten, dass ihre Eltern keine außerehelichen Affären haben. Sie würden nicht auf die Idee kommen, dass das für ihre Eltern Verzicht bedeuten könnte. Und das bedeutet es ja auch nicht. Sie leben zufrieden miteinander und den Kindern. Sie turteln nicht mehr so viel miteinander wie in den Anfangsjahren, aber das ist ja normal. Die Kinder können sich sicher und unbeschwert fühlen.
Wenn die Kinder allerdings erfahren würden, dass ihre Eltern (oder ein Elternteil) außereheliche Affären haben, wären sie erschrocken und enttäuscht. Ihre Familie wäre plötzlich instabil. Sie könnten sich vielleicht nicht mehr so unbeschwert ihren ersten Schwärmereien hingeben. Mit wem könnten sie vertrauensvoll reden, wenn es Probleme gibt? Vertrauen, Sicherheit und Geborgenheit wären dahin.
Nicht verstörender als jeder andere Bruch mit Konventionen, der in der Folge freie Entfaltung erlaubt. Einschließlich des Verbleibs beim mehr oder häufig weniger bewährtem.
Das hängt ja auch vor allem davon ab, wie transparent und normal im Alltag integriert das abläuft. Heimliche Affären sind sicher nciht förderlich für das „Sicherheitsgefühl“ der Kinder. Aber wenn z.B. ganz offen eine polyamore Beziehung gelebt wird, und ein weitere (oder mehr) Partner kommt zu Hause vorbei, und die Kinder sehen, dass diese Person ebenfalls geliebt wird, Küsschen und zärtliche Umarmungen erhält, sollte das doch kein Problem sein. WENN es auch wirklich frei, offen, transparent und so abläuft, dass es fpr ALLE Beteiligten OK ist.
Aber es kostet mehr an sehr offener Kommunikation, als mache*r zu leisten bereit oder in der Lage ist, immer wieder. Das sei nicht verschwiegen. Sich nix für jede*n.
Aber ob serielle Monogamie für die Kinder so viel besser ist?
Es geht nicht um Konventionen und nicht um Moral. Es geht um Verlust von Sicherheit, Unbeschwertheit, Vertrauen und um mögliche Traumatisierung. Es geht um mangelnde Empathie gegenüber den Kindern.
Diese offene Kommunikation habe ich als Kind ausgiebig erfahren. Sie hat die Situation für mich kein bisschen erträglicher gemacht. Ich habe sie als Schönrederei gewertet.
Dein Trennungserleben nehme ich genauso ernst wie du es schilderst und daneben genauso wie das ganz andere von Bianca. Wahrscheinlich wart ihr einfach ganz verschiedenen Trennungen ausgesetzt.
Darauf deutet schon dein Missverständnis, dass die schwierige Kommunikation zwischen Eltern-Kind abliefe. Ich meinte damit die Kommunikation zwischen den Erwachsenen, zwischen zwei in der Krise aber mehr noch zwischen mehreren in einem Poly-Netzwerk. Denn wie gesagt: Die Kinder erleben die Liebesbeziehungen der Erwachsenen mit, aber es geht sie nix an. Sie einzubeziehen oder gar zu instrumentalisieren in Konflikten halte ich für ein erzieherisches Verbrechen, denn das muss sie überfordern und traumatisieren.
Damit sind wir vielleicht an einem Aspekt angelangt, der wieder zurückführt auf das eigentliche Thema des Fadens: Wie kann für Kinder das sichere Nest im Poly-Konstrukt gestaltet werden? [edit] Und das hat einen emotionalen und auch einen wirtschaftlichen Teil.
Gegen unsere menschliche Natur kann eine solche Konstruktion eigentlich nicht sein, denn für die menschliche Natur dürfen wir ihre Veränderung über so kurze Zeiträume wie letzten 2000 Jahre in Mitteleuropa getrost vergessen. Und vorher war das Überleben von Kindern überhaupt nur eingebettet in eine Horde möglich. Das dürfte wohl eher unserer Natur, unserer Biologie entsprechen, alles andere dem gesellschaftlichen Überbau, egal ob du in Konvention oder Moral benennst.
klingt gut, hat aber ein Hacken:
Kinder sind ‚unfertige‘ Persönlichkeiten mit naturgegeben egozentrischen Charakteristika.
Können also nicht anders als Alles - nach ‚normalen‘ Maßstäben übertrieben - ichbezogen wahrzunehmen.
Da entsteht nunmal der Impuls, Rücksicht zu üben.
Und dann noch die Tatsache, dass oft ‚grosse Kinder‘ kleine Kinder haben…
Meine Eltern haben sich nie getrennt. Es gab auch nie heftigen Streit zwischen den beiden. Meine Mutter, Haupternährerin der Familie, hat die Seitensprünge und Affären meines Vaters mit einer für mich unverständlichen Gelassenheit hingenommen. Es schien lediglich für mich ein Problem zu sein.
Ich denke, hierbei bleibt ein “sicheres Nest“ weitgehend eine Illusion. Ein Schauspieler, der in einer Patchworkfamilie aufgewachsen war, hat einmal gesagt: „Patchworkfamilien sind die Verwaltung des Unglücks.“ Ich vermute, dass es für Poly ähnlich gilt, wenn auch nicht für alle Beteiligten.
Bezüglich des wirtschaftlichen Teils wäre ich z.B. dafür, dass alle Kosten der Eltern für ihre Kinder vollständig mit ihren Rentenbeiträgen verrechnet werden, denn Ihre Kinder finanzieren die späteren Renten ALLER heutigen Beitragszahler.
Und ‘große Kinder‘ meinen oft, dass Triebbefriedigung das Wichtigste für ein glückliches, erfülltes Leben sei. Deren rücksichtsloses Streben danach versuchen sie durch allerhand Schönreden vor sich selbst und anderen zu rechtfertigen.
Heute würde ich sagen: Dann war das vielleicht genau so - nur ein Problem für dich.
Wir sind beide nicht mehr ganz jung und In der Generation unserer Eltern kann man das wohl nicht so einfach in die Welt setzen, weil die gesellschaftlichen Normen strikter und die individuelle Freiheit viel geringer war, sich unabhängig von den vorherrschenden Moralvorstellungen eigene Regeln in der Partnerschaft zu setzen. Es gibt sehr viel mehr Paare als man glaubt, in der sich das sexuelle Begehren extrem unsymmetrisch entwickelt hat, die dennoch einen pragmatischen Umgang damit in aller Freundschaft gefunden haben.
Wir sind schon weit gekommen mit individuellen Freiheiten seit damals und ich empfinde das als einen sehr großen Fortschritt, hinter den ich auf keinen Fall zurück möchte. Freilich bedeutet das, dass ohne die Leitschnur einer Konvention die Regeln in jedem Beziehungsgefüge ausgehandelt werden müssen. Das ist nicht nur mühsam sondern es gefährdet auch die Sicherheit, die aus dem befolgen nicht hinterfragter Konventionen resultiert. Aber wenn diese konkrete Situation nicht auf die Konvention passt, dann war das sowieso nur einen scheinbare Sicherheit.
Dass Beziehungen auseinander gehen, kann zweifellos ein großes Unglück sein, kann aber auch das Beste sein, was passieren kann. Das kommt ganz darauf an, wie konstruktiv man mit der neuen Lage umgehen kann und das setzt ihre Verarbeitung voraus. Ich kenne da auch ganz verschiedene Entwicklungen, darunter auch eine im Zeltlager kennengelernte Patchwork-Großfamilie, die von Lebensfreunde nur so strotzten, wo es Eltern und Kindern mit einander ganz offenbar super ging, bei denen die Mutter spätabends beim Wein und in Übereinstimmung mit ihrem nach ca. 10 Jahren nun nicht mehr ganz neuen Gefährten aus der Lebenserfahrung konstatierte : „Man trennt sich zu schnell !“
Warum konnte es dann nicht gelingen, dass die jeweils anderen biologischen Elternteile weiter in die Großfamilie integriert waren? Wäre das nicht eine ideale Welt, zumindest wenn die Kränkungen einer Trennung überwunden sind?
Meine Mutter hat mir sehr viel später erzählt, dass sie damals an Scheidung gedacht hat, aber - auch wegen mir - darauf verzichtet hat.
Meine Mutter war beruflich und auch privat sehr viel stärker beansprucht. Mein Vater war selbständig, hat nicht viel verdient und hatte viel Zeit. Die Sexualitäät war ein Lieblingsthema einschl. solcher Poly-Ideen.
…besonders für Kinder!
…als Notlösung bei psychischer und physischer Gewalt z.B.
Tja, damals brauchte ein Frau noch die Einwilligung des Ehemanns, um einer bezahlten Tätigkeit nachgehen zu können. Das ist zum Glück auf unsere heutigen Verhältnisse nicht mehr anwendbar.
Ich sehe zwar eine Scheidung nicht nur als Notlösung um Gewalt zu entkommen sondern auch positiv um Hemmnisse bei der Gestaltung des Lebensglück oft für alle Beteiligten aus dem Weg zu räumen. Aber auch damit sind wir weit abgeschweift vom Thema der Rahmenbedingungen, unter denen polyamore Beziehungsnetze funktionieren können, in denen Kinder groß werden.
Wir haben ja schon festgestellt, dass das keine Utopie ist, die für jede Person taugt. Für andere aber schon. Es gibt auch dafür genug Beispiele.
Bis zu einem gewissen Grad muss jeder selbst wissen, was er seinen Kindern zumuten will.
Zum Hauptthema:
Ist es nicht sinnvoller in Richtung Abschaffung der Ehe zu denken als in Richtung Ausweitung entsprechender Regelungen auf andere Formen des Zusammenlebens? Das Ehegattensplitting kann doch schonmal weg.
Ja, und sie spüren viel, viel mehr als man ihnen sagt. Wenn man eine gescheiterte Beziehung um der Kinder willen weiter führt dürfte es verdammt schwer wenn nicht unmöglich sein, diese Tatsache vor ihren Emotionen zu verbergen. Ich denke, sie werden mitbekommen, dass die Erwachsenen ihretwegen auf ein eigenes erfülltes Leben verzichten. Das wird keineswegs spurlos an ihnen vorübergehen und sie möglicherweise in ihrem eigenen Erwachsenleben dazu bringen, dies zu wiederholen. Im Extremfall wird so Generation nach Generation ins Unglück getrieben, weil es „normal“ ist.
Nein, glaube ich nicht. In einigen wenigen Fällen mag das zutreffen, aber eine Beziehung ist viel mehr als Sex. Wenn ich meine eigene Beziehung und die meiner Schwester vergleiche würde ich eher sagen, dass in einer Beziehung nach Jahrzehnten möglicherweise deshalb im Bett noch was läuft, weil die Beziehung noch glücklich ist und die Gefühle füreinander noch intakt, nicht umgekehrt.
Bei den meisten anderen Paaren in meinem Bekanntenkreis weiß ich natürlich nicht, ob da noch was läuft. Aber was ich sehr wohl sehe sind Beziehungen, die im wesentlichen harmonisch sind und sicher in der Lage, Glück und Geborgenheit zu vermitteln und andere, wo sich die Eltern ständig streiten, gegeneinander arbeiten, den anderen Elternteil vor den Kindern schlecht machen oder auch still vor sich hinleiden. Das halte ich für sehr problematisch für Kinder.
Wegen der Kinder zusammen zu bleiben macht aus einer unglücklichen Beziehung keine glückliche. Das hat erst mal gar nichts mit Sex zu tun. Die meisten Erwachsenen können sicher auf Sex verzichten ohne allzu viel zu vermissen, und ich kenne durchaus glückliche und tragfähige Beziehungen wo ich vermute dass im Bett nichts mehr läuft, weder im eigenen noch in fremden. Und eine Menge alleinerziehender Eltern, die sich nicht wegen eines neuen Partners getrennt haben und auch keinen suchen. Manchmal ergibt sich nach einiger Zeit eine neue Partnerschaft, manchmal nicht, das ist nicht die Priorität dieser Menschen.
Bei meinen Eltern waren keine anderen Partner im Spiel, sondern Alkohol und einfach eine gescheiterte Beziehung. Die Alkoholsucht meines Vaters war natürlich belastend, aber sie wäre sicher nicht weniger belastend gewesen ohne Trennung, im Gegenteil, ich hätte sie vermutlich in viel jüngeren Jahren intensiver mitbekommen. Meine Mutter hatte viel später mindestens eine flüchtige Beziehung, mein Vater für kurze Zeit eine Freundin. Was es damit auf sich hatte habe ich erst viel später begriffen. Was ich meinen Eltern hoch anrechne ist eben, dass sie die Kindererziehung immer noch als gemeinsame Aufgabe betrachtet haben. Mein Vater hat nie schlecht über meine Mutter geredet, meine Mutter nur sehr, sehr selten über ihn und diese Momente tun noch in der Erinnerung weh.
Wenn ich dagegen die Beziehung zwischen meiner Schwester und ihrem Mann anschaue, die halb getrennt leben, dann macht es mich einfach traurig wenn meine Neffe zu mir kommt und sagt: „Mama und Papa streiten sich dauernd“. Sie haben einiges versucht, um die Beziehung zu retten, aber es funktioniert nicht. Sie waren glücklich, bevor die Kinder kamen, aber Kinder sind eine enorme Veränderung im Leben und damit eine enorme Veränderung für eine Beziehung. Auch wenn beide Kinder wollen: Wer klärt im Vorfeld schon wirklich genau ab, wie man sich die Kindererziehung vorstellt? Wer ahnt schon wirklich, was auf einen zukommt?
Menschen sind keine Maschinen, sie sind voller Gefühle, die sich nicht steuern lassen. Sie lassen sich unterdrücken, ja, aber das ist für die Betreffenden Gift und bricht sich dann an anderer Stelle Bahn.
Aber ganz offenbar war das doch kein Nest, das uneingeschränkte Geborgenheit vermittelt hat. Hat deine Mutter das vielleicht getan, weil sie an das Ideal der monogamen, lebenslangen Ehe geglaubt hat? Weil sie vielleicht geglaubt hat, dass sie es ihren Kindern schuldig wäre, diese Situation zu ertragen? Dass sie nichts gesagt hat bedeutet nicht, dass sie nicht kommuniziert hätte. Kinder verstehen Körpersprache noch sehr viel besser als Erwachsene. Meine Kinder (damals knapp ein und vier Jahre alt) waren sehr, sehr brav, als mein Mann für 7 Wochen eine Fortbildung machen musste. Davor, danach, und an den Wochenenden, wenn wir zu zweit waren, habe ich mich nicht wissentlich anders verhalten, und dennoch waren die Kinder ganz anders. Ich führe das darauf zurück, dass ich nonverbal ihnen in dieser Zeit mitgeteilt habe, dass ich schlicht keine Kapazität für Kapriolen hatte. Das konnte ich hundertmal sagen, aber wirklich geglaubt haben sie offenbar nur die nonverbale Botschaft.
ich denke, Partner in einer unglücklichen Beziehung senden unbewusst so viele Signale an ihre Kinder, das kann keine noch so hübsche Fassade überdecken. Die Diskrepanz zwischen Fassade und Wirklichkeit dürfte für Kinder viel schlechter sein als eine ehrliche Trennung. Und eine von allen akzeptierte polyamore Beziehung, die eben nicht die Beziehung der Eltern (seien es nun zwei oder mehr) in Frage stellt sehe ich gar nicht als Problem für Kinder. Das kann zu Situationen führen, die ein Problem für Kinder sind, aber das können eben ganz normale Ehen auch.
Die Alternative zu einer Trennung ist eben nie eine intakte Beziehung sondern eine in irgend einer Weise kaputte Beziehung.
Ausgehend von der Annahme, dass Kinderkriegen der Punkt ist, an dem die ‚Realität‘ Paare einholt, und/oder das ‚verflixte 7-te Jahr‘ auf sie einbricht, ist doch gut, dass die Kinder da eben noch Kinder sind, und nicht pubertierende - im Extremfall ggf. suizidgefährderte - Teenies.
So ist mir ergangen. Mit 7 ist das alles nicht wirklich ‚wirklich‘.
Und für wache Geister eher bereichernd die Welt dann aus zwei (mehreren) Perspektiven zu erleben.
Schlimmer kann aber kommen, wenn Trennungen eben ‚verschleppt‘ werden.
(meine biographische Einsichten)
Oh wow… Du hast schon eine sehr sehr dunkel gefärbte Brille auf, durch die du deine Umwelt zu sehen scheinst. Ich kenne Gegenbeispiele, aber es macht keinen Sinn gegen Gefühle anzuargumentieren…
In der Theorie eine ganz interessante Überlegung, aber in der Praxis… Wieviel Prozent der Stromrechnung geht den dann „auf Kosten“ des Säuglings der Familie???
Das Verhalten deines Vaters klingt für mich nicht nach etwas, das ich mit Poly bezeichnen würde. In der Regel wird hier zuerst offen mit der Partnerin besprochen, ob das öffnen der Beziehung möglich ist oder nicht und wenn ja unter welchen Bedingungen.
Das Verhalten deines Vaters, so wie du es beschreibst, klingt für mich nicht wirklich partnerschaftlich, sondern egoistisch und rücksichtslos und die Reaktion deiner Mutter nicht nach Einverständnis, sondern nach „was sollen die Leute denken“/„wie soll ich ohne Partner ein Kind großziehen“/„was wenn er mir zur Strafe das Arbeiten verbietet?“. Das hat aus meiner Sicht nichts mit Polyamorie zu tun.
Es geht darum die Lebensrealität von vielen Eltern und Kindern anzuerkennen und sie in rechtliche Sicherheiten zu packen. Das bezieht sich nicht nur auf die mögliche Trennung der beteiligten Erwachsenen, sondern auch auf das mögliche Versterben dieser. Hier ist dringender Handlungsbedarf.
Meine Frage an euch lautet: Wie sollte diese rechtliche Sicherheit aussehen oder in DiB-Sprache ausgedrückt: Was sollte in der Ini zum Thema Elternschaft mit mehr als 2 Eltern sehen?
Genau! Aber auch: Weil die Beziehung noch glücklich ist und die Gefühle füreinander noch intakt sind (was auch immer das heißt) muss nicht zwangsläufig im Bett was laufen. Und: Gefühle füreinander verändern sich im Laufe der Jahre, und zwar nicht im Sinne von “mehr oder weniger“ sondern im Sinne von “anders“. Wenn man das rauschartige Lebensstadium der Paarfindung als Dauerzustand haben möchte, braucht man wohl nach einer gewissen Zeit einen neuen Partner. Könnte das ein eigentlicher Hauptgrund für die vielen Trennungen und Scheidungen sein? Ich kann mir nicht vorstellen, dass in so vielen Beziehungen (über 50%) Alkoholprobleme, psychische und physische Gewalt vorkommen.
Genau! Ich glaube, der Sex wird deutlich überbewertet. Auch durch Medien werden überzogene Erwartungen geweckt.
Ich denke, Eltern sollten am schönen und spannenden Projekt Kind von Anfang an möglichst in gleichem Maße beteiligt sein. (an der Planung, während der Schwangerschaft, bei der Geburt, Pflege, Betreuung, Erziehung, Kita, Schule usw.) Dann wird wahrscheinlich auch für beide in gleichem Maße der Sex weniger wichtig. Und gemeinsame Kinder verbinden auch zusätzlich.
Ich habe meine Eltern und mich wie eine eingeschworene Gemeinschaft gesehen. Zu niemandem sonst hatte ich ein so unbedingtes Vertrauen. Und ich wusste, dass ich mich immer auf sie verlassen konnte. Sie hätten mir aus jeder Patsche geholfen. Gleichzeitig hatte ich deutlich mehr Freiheiten als andere Kinder und Jugendliche. Ich habe diese Freiheit aber nie ausgereizt. Mein Vater hat sich viel mit mir beschäftigt. Den Kontakt zu meinen Lehrern hielt fast ausschließlich er. So weit war alles gut, bis auf sein aus meiner Sicht unterwürfiges Verhalten jungen Frauen gegenüber. Und ich war mir dabei dank frühzeitiger Aufklärung durchaus bewusst, worum es ging.
Ich war etwa zehn, elf Jahre alt, als eine der jungen Damen bei uns häufiger ein und aus ging und sich schon fast als Familienmitglied benahm. Als Ansprechpartner für Vertrauliches fiel mein Vater in der Zeit aus. Zudem hatte ich die Vorstellung, dass diese Frau jetzt Macht über mich hatte, weil sie meinen sonst so selbstbewusst auftretenden Vater beeinflussen konnte. Irgendwann endete dieses Verhältnis.
Dass ich aus Sorge um den Bestand meines Nestes nicht in Panik verfallen bin, habe ich meiner Mutter und der Anwesenheit der Eltern meines Vaters, die mit in unserem Haus wohnten, zu verdanken. Meine Mutter war aufgrund der Doppelbelastung Beruf und Haushalt froh, wenn sie ihre Ruhe hatte und hat das Verhalten und die Schönrederei meines Vaters mehr oder weniger hingenommen. Meine Eltern sind trotzdem harmonisch zusammen alt geworden.
Auch vor dem Hintergrund dieser Erfahrungen in Kindheit und Jugend wäre für mich eine außereheliche Betätigung nie in Frage gekommen. Ich hätte immer meine Kinder vor Augen gehabt, hätte es gar nicht gekonnt, selbst wenn ich gewollt hätte.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass Kinder akzeptieren können, dass Mama oder Papa mit jemand anderem kuschelt. Zumindest müsste das Kind in eine Poly-Familie bestehend aus den Eltern und weiteren Stiefeltern hineingeboren werden.
Das muss natürlich nicht für jede einzelne Familie berechnet werden. Experten können ja auch berechnen, dass ein Kind bis zum 18ten Lebensjahr den Gegenwert eines Einfamilienhauses kostet.
Man könnte z.B. die “zweite Herdprämie“, die Zugewinngemeinschaft abschaffen. Damit könnte man Poly und Mono annähern und gleichzeitig unser Rechtssystem vereinfachen.
Ich habe nicht unter der Monogamie gelitten, sondern unter dem davon abweichenden Verhalten meines Vaters.
Ich bin mir nicht sicher. Das müsste das Kind als Erwachsener rückblickend selbst beurteilen. Einfacher ist es vielleicht dadurch, dass das Kind in eine bereits bestehende Poly-Konstellation hineingeboren wurde.