Zu einer Gefährlichen Nebenwirkung der Corona-Pandemie
Die Pandemie ist ein gefundenes Fressen für die Medien. Seit Monaten bedarf es langen Scrollens, um auf Online-Nachrichtenseiten Berichte zu anderen Themen zu finden. Specials und Talk-Shows dazu beherrschen die Fernsehprogramme. Ein Umstand, der suggeriert, dass es momentan nichts Wichtigeres auf der Welt gibt, womit wir uns befassen müssten.
In den Medien werden, je nach Betroffenheit oder Nichtbetroffenheit einzelner Gruppen, bestimmte derzeitige oder eventuelle zukünftige Auswirkungen der Pandemie in den Vordergrund gerückt, über die in den SoMe und sonstigen Foren dann engagiert diskutiert wird:
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Schnellere und umfassendere Lockerung von Einschränkungen oder Fortsetzung?
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Befristete Beschränkung von Grundrechten zulässig oder nicht?
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Bereitstellung von noch mehr Geld zur Unterstützung wirtschaftlich Betroffener oder Hinnahme von „Kollateralschäden“ mit Rücksicht auf den Verschuldungsgrad?
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Stützung von und ggfls. welcher Wirtschaftsunternehmen in welcher Weise?
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Bis hin zur Erörterung, ob dem Leben bestimmter Menschen Vorrang vor dem Anderer zu geben ist.
All das findet allein mit Blick auf die nähere Zukunft vor allem unseres eigenen Landes statt. Soweit dabei die Gegenwart und nähere Zukunft Europas einbezogen wird, jedenfalls nicht die aller europäischer Länder. Und das nicht nur seitens der öffentlich Diskutierenden, sondern auch seitens der politisch Handelnden.
Betreffend die Gegenwart z. B. Griechenland: Laut Menschenrechtsorganisationen sitzen auf den ägäischen Inseln Zehntausende Flüchtlinge aus Ländern wie Syrien oder Afghanistan zusammengepfercht in Lagern fest. In einem davon leben 20.000 Geflüchtete in einem für 3.000 ausgelegten Lager, das „der reinste Horror“ sei. Es fehle nicht nur an Wohnraum, sondern insbesondere an Hygiene und sogar an Wasser.
Laut Innenministerium verfolgt Deutschland das Ziel, „Griechenland bei der schwierigen humanitären Lage auf den griechischen Inseln zu unterstützen“ und hatte sich daher vor Monaten dazu durchgerungen, von den Zigtausenden 350 ohne ihre Eltern dort angekommene Minderjährige aufzunehmen. Mitte April sind 47 davon in Hannover angekommen. Die Zahl sei „etwas geringer als erwartet“ ausgefallen, da „einige der ausgewählten Kinder und Jugendlichen als nicht reisefähig eingestuft worden seien“. „Einige“ bei 47 von 350?
Niedersachsen, wie auch andere Länder und Kommunen, hatten sich zur Aufnahme weit höherer Zahlen angeboten. Vom Bund war das abgelehnt worden, „um keine falschen Signale [„neue Migrationsanreize“] zu setzen“. Dabei hatte sich Deutschland mit der Aufnahme von 350 Minderjährigen noch relativ großzügig gezeigt – die von nur 10 Mitgliedsstaaten angebotene Aufnahme beschränkte sich auf insgesamt 1.600 Personen , wobei sich die Umsetzung wegen der Corona-Krise „leider verzögert" habe.
Darf die Ausblendung des Weltgeschehens einfach als unvermeidbare „Nebenwirkung“ der Krise hingenommen werden? Sind Parteien nicht vielmehr gerade während einer solchen Krise gefordert, dafür zu sorgen, dass die Regierung sie nicht nutzt, um andere gleichermaßen drängende, aber unliebsame Verantwortlichkeiten (weiterhin) auf die lange Bank zu schieben? Immerhin geht es bei diesen Verantwortlichkeiten nicht nur um die Gegenwart oder die nähere Zukunft, sondern um die Zukunft der menschlichen Existenz insgesamt.
Ich frage mich daher, ob DiB sich vielleicht – nicht zuletzt im Hinblick auf die nächste Bundestagswahl (inkl. Wahl-o-mat) – auch damit profilieren könnte, sich frühzeitig damit auseinandergesetzt zu haben, wie eine postpandemische Gesellschaft aussehen könnte / müsste.