Drakon, da ich Dich persönlich nicht kenne – auch wenn wir uns sicher mal bei irgendeinem Parteitag über die Weg gelaufen sind – kann ich mich nur auf das beziehen, was Du hier schreibst. Nimm also meine Reaktionen bitte nicht persönlich – es geht immer noch um einen sachlichen Diskurs, darum befremdet mich Deine Drohung mit „rechtlichen Schritten“ schon sehr. So gelassen ich dem gegenüberstehen würde, ist das doch nicht die Gesprächskultur, die ich von DiB kenne (wobei der Marktplatz da möglicherweise eine Ausnahme ist). Nochmal: Ich kommentiere nicht über Deine Person, sondern über eine Ideologie, die meiner Überzeugung nach keinen Platz bei DiB haben sollte. Was Dich dabei motiviert, halte ich für irrelevant.
Ok, stellen wir klar - Du hast NICHT geschrieben, dass die Vernichtung Israels auch gegen den Willen der Bevölkerung und die Einbeziehung von Terroristen – die offen den Genozid an allen Juden propagieren und praktizieren – in die dann herrschende Regierung, DIE Einstaatenlösung wäre, die Du als „ideal in idealistischer friedens- und kulturpolitischer Sicht“ siehst. Du hast sie aber als als EIN (und einziges) Beispiel für eine Einstaatenlösung informativ verlinkt; das ist doch so korrekt, oder?
Aber ich muss nachfragen, weil ich dich gerne verstehen würde: was bedeutet für Dich „ideal in friedens- und kulturpolitischer Sicht“, wenn doch eigentlich klar ist, dass jede denkbare Ein-Staaten-Lösung das Ende des weltweit einzigen Staates bedeuten würde, in dem Juden ohne Fremdherrschaft in Freiheit und Sicherheit leben – und das nach Jahrhunderten der Verfolgung, Diskriminierung und Vernichtung? Ich gehe doch sicher recht in der Annahme, dass eine „israelische“ Einstaatenlösung, die eine Vertreibung der palästinensischen Araber aus dem Westjordanland und Gaza bedeuten würde, für Dich genausowenig eine Option wäre wir für mich, da spricht das Völkerrecht auch eine eindeutige Sprache. Also bist Du der Ansicht, das Ende der jüdisch-israelischen Kultur wäre in kulturpolitischer Sicht ideal und auch das Ausliefern der jüdischen Bevölkerung an eine Mehrheit palästinensischer Araber, die den Hass auf alles jüdische schon von klein auf seit Generationen eingeimpft bekommen haben und deren Machthaber schon in Ihren Chartas festgelegt haben, dass die Vernichtung der Juden ihr höchstes Ziel ist. Das ist in friedenspolitischer Sicht ideal? Wir reden ja nicht von irgendeinem imaginären „palästinensischen Volk“, das in irgendeiner Paralleldimension oder in ferner Zukunft eine friedliche Koexistenz mit seinen israelischen Nachbarn leben will, in dem Minderheiten, Frauen oder LGBTQIA±Personen Freiheit vor Verfolgung genießen – wir sprechen vom hier und jetzt. Von einem Regime in den Palästinensischen Autonomiegebieten und vor allem in Gaza, das seine eigenen Leute brutal unterdrückt, dass Minderheiten verfolgt und den Judenmord nicht nur in Israel, sondern weltweit als Ziel propagiert und diese Botschaft seit Generationen in den Schulen lehrt und in Terrorcamps für Kids trainiert, die in ihrer Brutalität sogar die HJ in den Schatten stellen. Und dem Mullah-Regime im Iran, das den Terror in Gaza und im Westjordanland finanziert, ebenso wie die Hisbollah ins Libanon und in Syrien und die Huthi-Terroristen im Jemen, die Israel mit Bomben, Raketen und Drohnen angreifen.
Ich versuche einfach nur zu verstehen, was genau Du meinst – dann sprich doch bitte mal Klartext, wenn ich Dich Deiner Ansicht nach immer missverstehe. Wenn wir hier aneinander vorbeireden, dann lässt sich das doch sicher ausräumen, meinst Du nicht? Den israelischen Staat, seine Kultur, seine Demokratie ausrotten - das ist in friedens- und kulturpolitischer Hinsicht irgendwie wünschenswert? Ehrlich: ich verstehe das nicht. Ich finde solche Thesen – mal ganz abgesehen von ihrem klar antisemitischen Unterton – ein Beispiel für ein kolonial geprägtes Denken, das anscheinend immer noch nicht ausgerottet ist. Einem Denken, das uns glauben lässt, wir könnten von sicheren Europa aus bestimmen, wie anderswo Probleme gelöst zu werden haben und welches Volk das Recht hat, weiter zu existieren und welches nicht, je nachdem wie wir ihr „Wohlverhalten“ einschätzen. Es ist dieses Denken, das schon vor 100 Jahren die Hauptursache sämtlicher Nahostkonflikte war (auch denen, die mit Israel gar nichts zu tun hat), weil Deutsche, Engländer und letztlich Apologeten des panarabische Nationalismus meinten, sie könnten irgendwelche Grenzen ziehen oder aus der Ferne bestimmten, wer es sich „verdient“ hat, zu überleben und wer abtreten muss – wo es lebenswertes und wo „lebensunwertes Leben“ gibt. So wie heute die türkische Regierung darüber befinden will, ob es Kurden geben darf oder nicht und die zarten Pflänzchen ihrer Autonomie sogar in Syrien zerbombt – und eben das klerikalfaschistische Mullah-Regime im Iran, für das die Vernichtung Israels ein Selbstzweck ist, obwohl der Iran nicht einmal an Israel grenzt. Ich dachte wirklich, wir wären darüber hinweg - vor allem hier, bei DiB, wo uns gerade die Gleichberechtigung aller Minderheiten und aller Ethnien und das Selbstbestimmungsrecht der Völker am Herzen liegt.
Nächster Punkt: Du protestierst gegen meinen Vorwurf einer Täter-Opfer-Umkehr. Wenn Du den Krieg thematisiert, der im Moment zwischen Israel und den beiden Terrororganisationen in Gaza (und anderen vom Iran unterstützten Terrormilizen im Libanon, in Syrien und im Jemen) stattfindet, dann klingt das immer irgendwie so, als separierst Du Ereignisse, die unmittelbar miteinander verbunden sind, in dem Bestreben, sie voneinander zu trennen. Einmal das von der Hamas, dem Islamischen Dschihad und Zivilisten aus Gaza gegen über 1000 wehrlose Zivilisten, dazu Grenzschützer und Soldaten verübte Massaker, die Massenmorde, Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Verbrennungen und Verschleppungen ganzer Familien. Im völkerrechtlich zweifelsfrei anerkannten israelischen Kernland, übrigens. Und dann ist das Ereignis vorbei, wir wechseln das Thema und jetzt ist Israel der Böse, der einfach so in Gaza einmarschiert. So als wäre das nicht ein Krieg, den die Hamas mitten im Frieden begonnen hat und seitdem fortführt, als gäbe es nicht immer noch über 100 verschleppte Geiseln. Es dauerte über 5 Tage, bis alle Terrorzellen, die nach Israel eingedrungen waren, neutralisiert werden konnten und seit dem Ausbruch dieses Krieges wurden und werden tausende Raketen auf zivile Ziele in Israel geschossen. Außerdem hat Yahya Sinwar, der Befehlshaber der Hamas in Gaza, klar gesagt, dass das nur der Anfang war und dass er mit dem Morden so oft wie möglich weitermachen will. Immer und immer wieder. Israel verteidigt hier die eigene Existenz – gegen eine umprovozierte und fortdauernde Aggression von außen. Und eigentlich ist jedem – der ehrlich zu sich selbst ist – klar, dass nur eine völlige Entmachtung der Hamas diesen Krieg wirklich beenden kann. Denn jeder Gazakrieg seit 2007 wurde von der Hamas begonnen, sämtliche Waffenstillstände wurden von ihr gebrochen. Ausnahmslos. Und mit den Pogromen des 7. Oktober - den größten antijüdischen Massaker seit der Shoah - ist eine Linie überschritten, die keine Alternative zulässt. Jedes Land würde mindestens so reagieren wie Israel, wenn es auch nur einen Funken Verantwortung für seine Bürger*innen hat. Artikel 51 der UN-Charta erlaubt ganz ausdrücklich die individuelle und kollektive Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs. Ein Rechtsstaat ist sogar verpflichtet, Leib und Leben seiner Bürger zu schützen. Darüber, wie er das tut, kann und darf man natürlich diskutieren. Ich finde es allerdings schwierig, wenn wir hier im Frieden und in Freiheit sitzen, und wenn wir dann einem Land, dass so massiv angegriffen wurde und wird, vorschreiben wollen, wie genau es sich verteidigen darf. Beziehungsweise: wir sagen Israel ja gar nicht, was es tun soll, weil wir selber kein Konzept dafür haben. Wir sagen ihm lediglich ständig, wie es das NICHT tun soll. Ich kann mich nicht mal erinnern, ob es schon mal einen Fall in der Geschichte gab, in dem man den Angegriffenen vorgeschrieben hat, wie sie sich zu wehren haben.
Die rhetorische Taktik, die Verteidigung vom Angriff zu trennen, ist nicht neu. Neonazis z.B. behaupten heute, noch, Churchill trüge die Schuld am Zweiten Weltkrieg – schließlich hätte England ja nicht eingreifen müssen. Und die russische Propaganda spricht noch heute davon, die „Bombardierung des Donbass“ durch die Ukraine - also der Widerstand gegen die russische Invasion von 2014 - wäre ein plausibler Grund für Putins Angriffskrieg. Aber das sind Finten. Wer ein anderes Land angreift (noch dazu, indem er massiv gegen jedes einzelne Menschen- und Völkerrecht verstößt wie die Hamas), ist im Unrecht und wer sich verteidigt, nimmt ein völkerrechtlich verbrieftes Grundrecht wahr. Und verdammt nochmal: dabei sterben Menschen, weil es ein Krieg ist. Und meistens erwischt es die falschen. Überall auf de Welt. Und nee - das ist alles andere als toll und das hätte nicht sein müssen. Dazu kommt, dass die Hamas diesen Krieg jederzeit beenden könnte, indem sie die verblieben Geiseln freilässt und sich ergibt - oder zumindest nicht bis jetzt jede Vereinbarung einer Waffenruhe platzen ließe. (Wer sich mit dem Vorrücken der (West-)Alliierten im Deutschen Reich beschäftigt, der weiß, dass Orte, die sich ergeben haben, verschont blieben – und dass ein Beschuss auf die anrückenden Truppen der sicherste Weg war, dass das eigene Städtchen dem Erdboden gleich gemacht wird. C’est la guerre.) Aber ich vergaß: für Israel nimmt man ja stets Doppelstandards in Anspruch. Man putzt einfach viel lieber Stolpersteine und beweint Opfer, als Solidarität mit Juden zu zeigen, die sich ihrer Haut wehren.
Du sprichst in Deinem Eingangsbeitrag von „in kürzester Zeit ermordeten Zivilisten“ in Gaza, in einem Kommentar von „Massenmord, zu dem die israelische Seite fähig ist“ - und schließlich schreibst Du sogar vom „Massenmord der 30.000 Toten durch israelische Bomben auf Zivilisten“. Ein wiederholendes Framing, so als wäre der Kampf gegen bewaffnete Terroristen, die sich hinter der eigenen Zivilbevölkerung verstecken und von dort aus schießen, einfach so eine Art Massenmord, als würde Israel Wohngebiete mit einem Flächenbombardement überziehen oder gar gezielt auf Zivilisten feuern, was einfach nicht zutrifft und die Dinge ganz gezielt verzerrt. Und Du wirfst mir vor, „außerhalb der Menschenrechte und außerhalb der Werte von DiB“ zu sein, nur weil ich - so wie es das Völkerrecht verlangt - Israel genau dasselbe Recht auf Landesverteidigung zugestehe wie jedem andern Land auf dieser Welt. Alles andere wären Doppelstandards.
Stellen wir uns einen Moment vor, Du hättest Die Aufgabe, die Leben von, 9,5 Millionen Israelis - Juden, Araber, Christen, Drusen, Tscherkessen, Bahai usw. - gegen die Todesschwadrone der Terroristen zu verteidigen. Was würdest Du tun? Ich bin wirklich neugierig, denn Du scheinst ja eine bessere Idee zu haben - das könnte durchaus Nobelpreisverdächtig sein.
Auf Deine zahlreichen, geteilten Artikel gehe ich einfach aus Platzgründen nicht einzeln ein. Du scheinst uns davon überzeugen zu wollen, dass die Diaspora doch gar nicht so schlimm gewesen sei für die Juden war, um damit Deine Forderung der Auslöschung Israels - kaschiert als „Ein-Staaten-Lösung“ - zu legitimieren. Als Beispiel nennst Du Al-Andaluz im heutigen Spanien, das von 850 bis etwa 1030 ein Zentrum jüdischen Lebens und jüdischer Kultur unter maurischer Herrschaft war. Unter einem Islam, der noch bis ins 15. Jahrhundert weltweit eine Blüte der Kunst, Kultur und Wissenschaft darstellte. Und das war es zweifellos. Ähnlich, wie im 11. Jahrhundert auch am Rhein, übrigens. Auch in vielen arabischen Staaten in Nahost gab es jahrhundertlang florierendes jüdisches Leben, auch wenn die Juden immer als Menschen zweiter Klasse galten und nur geduldet waren, auch wenn sie oft eine „Dhimmi-Steuer“ zahlen mussten und stark eingeschränkte Rechte hatten und auch wenn es – wenn das Blatt sich wendete, die Machtverhältnisse sich änderten oder irgendjemand beschloss, dass die Juden doch nicht erwünscht sind – niemanden gab der sie schützte. Und so waren die Juden in der Diaspora stets auf Gedeih und Verderb den Machthabenden ausgeliefert.
Und so endete es steht irgendwann, selbst wenn Juden hunderte Jahre irgendwo lebten, sich eine Kultur aufgebaut hatten, sich nützlich machten oder sich anpassten. Mit der „Judenschlachtung“ von Barcelona, den Massakern in Sevilla und Kastilien, in Aragon und Valencia, mit der Ermordung und Vertreibung (die in Spanien letztlich sogar die konvertieren Juden betraf, denen man erst Sicherheit zugesichert hatte - schon da war der Sprung vom religiös zum rassistisch motivierten Antisemitismus erfolgt. Mit dem Kreuzzugspogrom im Rheinland, den Pestpogromen, der Vertreibung und Ermordung jahrhundertealter jüdischer Communitys in deutschen Städten oder den antijüdischen Pogromen des Zaren in Russland. Und letztlich dem Holocaust, dem Farhud (Massaker an den jüdischen Einwohnern in Bagdad 1941) oder dem Pogrom von Kielce in Polen 1946.
Kein Wunder also, dass Juden schon seit dem 12. Jahrhundert immer wieder alles aufgaben, um in ihre historische Heimat in eine ungewisse Zukunft auszuwandern, um das nackte Leben zu retten, immer auf der Suche nach Freiheit. Aus Nordafrika und Europa, im 15., 16. und 17. Jahrhundert, im 18. und 19. Und kein Wunder, dass Ende des 19. Jahrhunderts einem deutsch-jüdischen Journalisten (nach dem Dreyfus-Justizskandal in Frankreich) klar wurde, dass Juden - ganz egal, wie sehr sie sich auch nützlich machten und anpassten - nirgendwo sicher sein würden, solange sie nicht ihren eigenen Staat hätten, solange sie ihre Kultur nicht ohne Verbote und Unterdrückung leben könnten, solange sie sich nicht selbst schützen dürften. Theodor Herzl hat den Zionismus nicht erfunden, aber er entwickelte diese ziemlich sozialistische Freiheitsbewegung eines auf Kooperativen fußenden Staatswesens, in dem Juden endlich frei sein könnten. Und das war noch lange vor dem Holocaust, der seine These auf schreckliche Art bewies. Nur in einem irrte Herzl: er dachte, der Antisemitismus würde enden, wenn das Othering von Juden in den Gesellschaften nicht mehr möglich wäre. Er hätte sich sicher nicht träumen lassen, dass man Israel als „den Juden unter den Staaten“ genauso dämonisieren würde. Und zwar ganz unabhängig davon, was es tut oder nicht tut, das ist das Wesen des Antisemitismus.
Das ist alles nur ein kleiner Ausschnitt aus der Geschichte, damit das hier keine stundenlange Vorlesung ist, aber vielleicht hilft es, um zu begreifen, wie unvorstellbar zynisch und kaltschnäuzig der Gedanke ist, den Juden in Israel ihre Selbstbestimmung zu nehmen, sie zusammen mit ihren derzeit schlimmsten Feinden zusammenzusperren und dann mal abzuwarten, was passiert – so als wäre das irgendein perverser Tierversuch.
Und nein: das hat weder mit Religionen oder Ethnien zu tun, denn es waren Muslime, Christen, Stalinisten, Faschisten, Kommunisten – alle zusammen und jeder für sich – die Juden über die Jahrhunderte unterdrückt hatten. Noch dazu sind etwa 20 % der Israelis selbst Muslime, die dieselben Rechte genießen wie alle anderen Bürger - und damit deutlich mehr Rechte als alle in den umliegenden Ländern, einschließlich der beiden palästinensisch-arabischen Regimes. Und da klappt das Zusammenleben ohne Mord und Totschlag und es hat schon seinen Grund dass die allermeisten arabischen Israelis auf gar keinen Fall in einem „palästinensischen Staat“ leben wollten. Nein, es geht um eine Ideologie, die besagt, dass Israel nicht sein darf, dass das Land irgendwie „unnatürlich“ oder deplatziert wäre, dass Juden sowieso kein eigenes Land haben dürften (zuweilen leugnet man auch einfach mal ihre Geschichte) und dass sie selbst an den Massakern und Pogromen schuld wären - ob im Mittelalter, in der Nazizeit oder am 7. Oktober 2023. Nochmal: machen wir uns doch bitte nichts vor. Jetzt, zu diesem Zeitpunkt, eine „Einstaatenlösung“ zu fordern ist nichts als die verklausulierte Forderung nach dem Ende Israels und dem Ende der jüdischen Selbstverwaltung, der hässliche Schrei nach einer neuen Diaspora auf dem eigenen Boden – falls überhaupt jemand diese „Einstaatenlösung“ überlebt.
Wir Deutschen hatten nach der Naziherrschaft eine „Entnazifizierung“, von der wir heute wissen, dass sie das Grundübel in den Köpfen bei weitem nicht ausrotten konnte. Aber zumindest war jüdisches Leben in Deutschland bis letztes Jahr hier möglich, auch wenn jede Synagoge mittlerweile geschützt werden muss wie eine Festung. Die mit Hass und Hetze aufgewachsenen Kinder und Jugendlichen in Gaza und vor allem jene, die dort oder im Westjordanland aufgewachsen sind, haben noch einen weiten Weg bis zum Frieden und zur Freiheit vor sich, der damit beginnen müsste, das eigene Handeln der arabisch-palästinensischen Machthaber seit 1958 kritisch zu hinterfragen, statt grundsätzlich und immer die Schuld beim Juden zu suchen und jeden noch so feigen und brutalen Mord zu bejubeln. Da ist der Begriff „Entnazifizierung“ gar nicht mal so falsch.
Warum Antifaschismus seit der Shoah Solidarität mit Israel bedeuten muss, erklärt sich aus der Geschichte – und das ist auch der gute Grund für eine deutsche „Staatsraison“, wie halbherzig sie auch daherkommen mag. Und dafür muss man weder das Handeln der aktuellen israelischen Regierung gut heißen noch die Figuren, die Netanjahu in die Regierung gehievt hat, um seine Macht mit aller Kraft zu erhalten. Wir wissen, dass weite Teile der israelischen Bevölkerung das auch nicht tun – und dass sie das im Gegensatz zu den Bewohnern des Gazastreifens oder der palästinensischen Autonomiegebiete auch frei äußern dürfen. Aber es bedeutet, dass die Existenz Israels und die Freiheit und Selbstverwaltung aller seiner Bürger unverhandelbar ist und sein muss. Es ist völlig ok und legitim, wenn wir uns Gedanken über mögliche Lösung dieses Teils des Nahostkonflikts machen, solange wir diese Prämisse beachten. Ob die Forderung nach einer Zwei-Staaten-Lösung zum jetzigen Zeitpunkt Sinn macht, ist eine andere Frage, die ich an anderer Stelle beantworten werde. Aber dem Ruf nach der sogenannten „Einstaatenlösung“ müssen wir als Partei in aller Entschiedenheit entgegentreten. Denn sonst ist das hier nicht mehr DiB. Wenn wir solche Ideologien dulden, dann möge doch der Letzte hier bitte bald das Licht ausmachen.