Danke für den Beitrag, Ingolf
hast evtl. auf deinen Nachrichten übersehen, Gerald hat als erster geantwortet, aber der Ini-Start ist von mir (korrigiere ich nur, nicht dass Gerald es vielleicht unpassend findet)
Nun, ja, tatsächlich, die Idee einer Staatsräson bedarf der Diskussion,
das ist mit ein Grund für diese Initiative
wie ich auch anderswo geschrieben habe:
Das Konzept einer „Raison“ ist etwas sehr Allgemeines und ob das Konzept eine „Staatsräson“ negativ oder/und kolonial oder nur weiß-gedacht, oder eben kontraproduktiv bis lächerlich wäre,
könnte und sollte man ausführlicher diskutieren… insbesondere weil es aus DE-Staatsseite formuliert wurde, was Auswirkungen hat …
aber genau deshalb sollte das auch auf EU-Ebene diskutiert werden, da kann sich Deutschland über ihre eigene Positionen und Formulierungen intensiver auseinandersetzen
Was die Begrifflichkeiten angeht, von mir aus ist im Zusammenhang mit einer „Staatsräson“, auch der Staatsbegriff problematisch und der Staat an sich in der Praxis oft eine teilweise reaktionäre Institution, aber,
generell, der Stand der Entwicklung des Bewusstseins der Bürger kann demokratisch bei vielen Leuten keine so große Sprünge machen (und die Bürger sind notwendig innerhalb demokratischer Prozesse),
sodass wir heute mit der Institution Staat arbeiten sollten, insbesondere da die Welt gerade offiziell in Staaten als Machtinstanzen verteilt ist.
Da wiederrum die Bildung eines Sta a tes von vielen Palästinensern gefordert wird (und ich nehme da eine Mehrheit wahr), sehe ich andere Optionen momentan für zweitrangig.
Es gibt auch kaum jmd der einer Staatsgründung Palästinas widerspricht, außer im Grunde Extremisten in verschiedenen Lagern und paar speziellen Positionierungen bezogen auf die Abläufe, wie die amerikanische Position, sowie mMn bestimmte hintergründige verdeckte Interessen im militär-industriellen Komplex, die nicht öffentlich diskutiert werden und wo wir demokratisch noch wenig Einfluss haben können.
Der Druck auf die Extremisten in Israel soll so groß werden, dass die demokratische Mehrheit in Israel einlenkt und sich auf einen progressiven friedlichen Weg in Zusammenarbeit mit den Palästinensern begibt, eine Zweistaaten-Lösung.
Solange das nicht passiert, wird die arabische Seite kaum eine Grundlage bekommen, Israel zu akzeptieren. Und der heutige Zustand wird weiterbestehen und nur im Interesse von oben erwähnten Extremisten und hintergründigen militär-industriellen Komplexen verbleiben. Das kann nicht im Sinne des Friedens zwischen den Völkern sein.
Eine relevante Dimension die ich gerade sehe, ist folgende:
Wenn man nur sagt, Staatsräson ist die Existenz eines israelischen Staates unabhängig von dem Kontext, also ohne die Umgebungsbedingungen für diese Position zu benennen und in einer expliziten Formulierung mitzuerwähnen (und das wäre ja die Berücksichtigung des palästinensischen Volkes in der Region, wo der israelische Staat sein will/soll - wie auch immer) bleibt man einseitig innerhalb eines nationalistischen Ansatzes zugunsten der israelischen Seite verfangen.
Deutschland bezieht mMn dadurch eine praktisch absurde Stellung für eine demokratische Positionierung, sicher unhaltbar im europäischen und internationalen Zusammenhang.
Momentan sehe ich dennoch keine Einsichtperspektiven seitens Deutschlands in dieser Frage
(was bezüglich der Gründe eine ganze Diskussion an sich ausmachen würde…, die aber kein Schwerpunkt dieser Diskussion hier werden muss (selbst wenn sie was bringen würde), weil diese Initiative im Endeffekt diese Diskussion auch umgehen kann).
Weil es keine Einsichtperspektiven seitens Deutschlands in dieser Frage unmittelbar zu sehen sind, sollte eine Korrektur / Änderung / Ergänzung von außen kommen und der engste Gesprächspartner für DE der das bewirken könnte, ist, neben der USA, eben die EU.
Da das Antisemitismusproblem mitunter ein europäisches Problem ist, sollte eine Lösung sowieso bzw. auch grundsätzlich auf EU-Ebene gegeben werden.
Deshalb würde ich gern den Ball der Staatsräson-Frage an die mMn auch sonst für den heutigen Zustand in Israel-Palästina hauptverantwortlichen, die Europäer, somit die EU als Institution (ebenso egal, ob ich diese an sich oder so wie sie gerade formatiert ist, gutheiße oder nicht) adressieren und weiterreichen.
Dabei, anstatt zu versuchen Deutschland von derer Staatsräson der einseitigen Unterstützung eines israelischen Staates abzubringen oder zu reformieren, übernimmt die EU diese Staatsräson nun selbst, aber doch ergänzt mit der fehlenden inhaltlichen Dimension der Unterstützung eines palästinensischen Staates, womit die Einseitigkeit der deutschen Position integrativ praktisch überprägt und somit im Gesamtresultat korrigiert wird.
Eine offizielle EU-Räson die Bildung eines palästinensischen Staates voraussetzend, würde den Druck auf der israelischen Seite erhöhen und evtl. derer Einlenkung für die Zweistaaten-Lösung entscheidend bewirken.
Aus den obigen Ausführungen wird hoffentlich klar, dass der Inhalt dieser Initiative eher als ein strategisches Vorgehen betrachtet werden sollte.
Angesichts dessen, dass Unmengen von Zivilisten evtl. noch sterben werden, solange keine Lösung alsbald gefunden wird, ist diese Initiative als ein möglicher Lösungsvorschlag, besser als gar nichts.
Und momentan erscheint wenig am Horizont, als ein „weiter so“ oder eine atomare Eskalation.
Das dürften wir nicht so belassen.