Original Veröffentlichung: Muss Geschichte sich wiederholen? | DEMOKRATIE IN BEWEGUNG - DiB
Stimmen die öffentlichen Deutungen und Kommentare, gibt es für die Umfragehochs und Wahlerfolge der AfD viele „Schuldige“: die Politik der Ampel, die Abgehobenheit der Eliten, die Arroganz der Medien, die Gendersprache, die Flüchtlinge, …
Die letzten Meinungsumfragen zeigen, dass fast jeder fünfte Deutsche aktuell die AfD wählen würde. In Sonneberg, Thüringen hat die extrem rechte AfD jüngst eine Landratswahl gewonnen und im Sachsen-Anhaltinischen Raguhn-Jeßnitz die Bürgermeisterwahl.
Wenn man die miesepetrigen Analysen mancher Redner*innen in der Funk- und Presselandschaft oder auf Parteitagen zum Höhenflug der AfD als wahr annimmt, dann könnte man sich fragen: Warum hat die AfD nicht längst schon die absolute Mehrheit? Augenscheinlich bleibt all jenen, die unzufrieden mit der Politik sind, genervt von den öffentlich-rechtlichen Medien, überfordert von der Komplexität der Krisen und schwer beunruhigt durch irrational, paranoide Befürchtungen, dass ihnen „die da oben“ demnächst das Fleischessen, das Autofahren, das Heizen und das Bauen verbieten würden, doch gar nichts anderes übrig bleibe?
Da wird pauschalisiert, das bzw. so wäre „das Volk“, die schweigende Mehrheit. Und diese gebe nun berechtigterweise die „richtige“ Richtung für Politik und Gesellschaft vor. In der „Neuen Züricher Zeitung“ war zu lesen, dass die deutschen Parteien und die deutschen Mainstreammedien nur in einer Blase existieren und jede Bodenhaftung verloren hätten. Es wurde auch festgestellt, dass all jene Deutschen, die lautstark und von vielen beklatscht darüber jammerten, dass sie ihre Meinung nicht sagen dürften, dass die Medien gleichgeschaltet seien und dass die Demokratie längst nicht mehr funktioniere: dass diese Leute sachlich und faktisch zwar unrecht hätten, aber dennoch eine Art emotionale Wahrheit benennen, weil die Wirklichkeit letztlich nur das sei, worauf sich die Leute einigen können.
Claudia Pechsteins „Mahnrede“, in der sie vor Menschen warnte, die dunkler als die weiße Mehrheit sind und deren bloße Anwesenheit “… in öffentlich rechtlichen Verkehrsmitteln …“ die Deutschen in Angst versetze, wurde als Ausdruck eines bürgerlichen Selbstverständnisses gefeiert. Angeblich hat ein linker Kulturkampf das Land gespalten und den Osten in die rechtsradikale Reaktanz getrieben.
Aufgefallen ist auch Friedrich Merz mit seiner Hypothese, nach der jede gegenderte Nachrichtensendung der AfD ein paar Hundert Stimmen bringt. Weiter sagte er: „Gegenderte Sprache und identitäre Ideologie werden von einer großen Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr nur im Stillen abgelehnt. Sie werden als übergriffig empfunden.“ Der Vorsitzende der CDU relativiert damit die rechtsradikale AfD als Sammelbewegung derer, die sich nicht länger belehren lassen wollten – als wäre das Dazulernen mit dem Ende der Schulpflicht obsolet und den Menschen nicht weiter zuzumuten.
Allgemein bekunden die Parolenformulierer und Stichwortgeber des konservativen Lagers, dass sie den Zorn der Leute verstünden. Gleichzeitig heizen sie die Stimmungslage noch weiter an: Die CDU/CSU erfindet propagandistische Wortungetüme wie „Klimamafia“ und „Heizungs-Stasi“. Der stellvertretende bayrische Ministerpräsident Hubert Aiwanger, obwohl selbst demokratisch gewählt, fordert das Volk auf, sich die Demokratie zurückzuholen, und erklärt die gleichsam demokratisch gewählte Bundesregierung für illegal. Friedrich Merz schreibt auf Twitter folgende Sätze: „Mit der AfD können die Bürgerinnen und Bürger heftige Denkzettel verpassen. Diese treffen derzeit vor allem die Grünen, die nur noch das eigene Klientel erreichen, aber außerhalb davon mit ihrer Volkserzieherattitüde auf besonders heftigen Widerstand stoßen“
Es sind diese Konservativen (nicht alle), die mit solchen verbal maßlos überzogenen Anbiederungen an den rechten Rand und Abgrund, die Demokratie gefährden und sich fahrlässig oder gar vorsätzlich zum Steigbügelhalter für die faschistischen Strippenzieher in der AfD machen.
Und es sind oft dieselben, die glauben dort punkten zu können, wenn sie jede kritische Auseinandersetzung mit AfD-Wähler*innen als Wählerschelte oder Wählerverachtung missbilligen.
Tatsache ist: Für die Wahlerfolge und die hohen Umfragewerte der AfD sind deren Wähler*innen verantwortlich! Diese überwiegend als in „Notwehr handelnde Protestwähler“ zu entschuldigen, erklärt sie aus der Perspektive ihrer Verteidiger zu arglos dümmlichen, eingeschränkt mündigen, oder hilflos verführten Personen, die nicht recht merken würden, dass sie Nationalisten, Rechtsradikalen und demokratiefeindlichen Faschisten den Aufstieg ermöglichen.
Wir sagen: Sie wissen es! Sie nehmen willentlich in Kauf, hassgetriebenen Nazis und Rassisten den Weg an die Macht zu ebnen. Denn es fehlt diesen Wählern*innen nicht an Informationen und auch nicht an Wahlalternativen zu den „etablierten Parteien“. Auf den Wahlzetteln zur Bundestagswahl (47 Parteien), zu den Landtagswahlen und zur Europawahl (41 Parteien) stehen sehr viele Parteien zur Wahl.
Wer also die AfD auserwählt, will nichts anderes als genau diese AfD, so wie sie ist!
Der Parteivorsitzende Chrupalla, einer von vielen Leugnern des menschengemachten Klimawandels in der AfD, konterte neulich im Radio den Fakt, dass die Wissenschaft da kaum noch einen Zweifel zulasse, mit der Behauptung, vor zweitausend Jahren habe die Wissenschaft verkündet, dass die Erde eine Scheibe sei.
In welcher dunklen, selbst verschuldeten Unwissenheit lebt ein Parteivorsitzender, der noch nie davon gehört hat, dass der Grieche Eratosthenes schon vor zweitausendzweihundert Jahren den Umfang der Erdkugel vermessen hat?
Und der thüringische AfD-Vorsitzende Björn Höcke erläuterte neulich im Landtag seine Überzeugung, dass angelsächsische Großkapitalisten die Klimakrise erfunden hätten, um, nach erfolgter Deindustrialisierung, sich das deutsche Immobilienvermögen anzueignen.
Wie geschichtsvergessen muss man sein, dass man in Höckes scheinbarer Kapitalismuskritik nicht den beabsichtigten Antisemitismus erkennt?
Wer beispielsweise Björn Höckes Reden gespickt mit Zitaten aus der NS-Rassenpropaganda vernimmt oder wer Alice Weidel zuhört, die das aktuelle AfD-Parteiprogramm mit dem Programm einer CDU von vor 30 Jahren für vergleichbar hält, wer also als wahlberechtigter mündiger Bürgerin als Antwort auf die Herausforderungen der Gegenwart eine Vergangenheit wählt, die sich niemals auch nur in Ansätzen wiederholen darf, der hat es verdient, dafür heftig kritisiert zu werden.
Diese Wähler*innen sind keine verirrten Schäfchen, denen man hinterherrennen muss, um sie in die Mitte unserer Grundgesetz-basierten Demokratie zu integrieren. Nein, es sind die, die mit bekennenden Werwölfen tanzen, mit ihnen “… wir werden sie jagen …“ (Alexander Gauland, AfD) heulen und ermöglichen wollen, dass aus gewalttätigen Worten Gewalttaten werden können.
Unsere Überzeugung:
Wir brauchen und wollen ein Update für die Demokratie wagen, das vor allem an die übergroße Zahl der Nichtwähler ein überzeugendes Angebot macht. Das ist die Idee hinter DiB – DEMOKRATIE IN BEWEGUNG. Die konkrete Umsetzung haben wir in unserem Ethikkodex, in unseren Grundwerten und in unserem Programm transparent niedergeschrieben. Sich diese immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, darüber zu sprechen, dafür zu werben und kontinuierlich Wähler*innen davon zu begeistern, so wollen wir die Demokratie bewahren und eine gute Zukunft gestalten.
Unser Angebot erneuern wir zur kommenden Europawahl und bemühen uns gerade intensiv die 1. Hürde zu nehmen und mittels 4000 Unterstützungsunterschriften auf den Wahlzettel zu kommen.
Dabei brauchen wir die Hilfe jedes aufrechten Demokraten und jeder Demokratin, auch deine!