Sichtweisen über die Bildung eines palästinensischen Staates, als Vordiskussion zu einer Initiative über eine entsprechende EU-Räson-Forderung

vielleicht hat @Sofian oben nicht alles lesen können, was schon besprochen worden ist, daher gehe ich hier noch auf seine Ausführungen ein:

_ das Zahlenverhältnis oben meinerseits hatte nur eine deskriptiven Zweck, um das Ausmaß dessen - wenn möglich überhaupt noch - zu beschreiben, was die IDF angerichtet hat,
und war nicht bezogen auf das humanitäre Völkerrecht, Kriegsrecht etc. Ich halte mich bezüglich Recht prinzipiell und primär an die Menschenrechte…
_ das Selbstverteidigungsrecht gilt für alle, nicht nur für Israel, also auch für die Palästinenser. Und die Palästinenser dürfen sich gegen die Dauer-Besatzung verteidigen. Das „Wie“ diese Verteidigung aussehen kann oder darf, ist eine weitere Frage.
Nun, Israel ist hochgerüstet und kann sich (einigermaßen) verteidigen (z.B. Iron Dome).
Die schutzlosen Zivilisten, die unter dem Bombenhagel der IDF sterben, wie können die sich verteidigen?
Diese Zivilisten sollte eigentlich die internationale Gemeinschaft verteidigen, das wäre eine grundsätzlich aufrichtige Haltung für die Menschenrechte (Palästina bräuchte sozusagen einen UNO Iron Dome).
Was passiert stattdessen? Man überlässt die Antwort, einer Terrororganisation wie die Hamas… &Co… die es ja nicht besser wissen, als mittels Raketen oder Terroranschlägen zu agieren…
Das ist ein diachronisches Versagen internationaler - inkl. deutscher und europäischer - Politik, womit wir es hier zu tun haben

Quantitativ, bezogen auf die Sachlage, ist die milliardenschwere hochgerüstete IDF, insbesondere unter dem nationalistischen Kommando der israelischen Regierung, eine weitaus gefährlichere Aggressor-Macht als die Hamas, siehe auch das quantitative Resultat deren handlungen, aber
qualitativ auf das Ergebnis ihrer Handlungen, sehe ich beide als unakzeptabel.
Um bei deinen Worten zu bleiben,
Hamas ist nicht der einzige Aggressor hier, denn die Besatzung ist eine Dauer-Agressor-Handlung.
Das Bombardieren mit Ergebnis das Töten von (nehmen wir an in diesem Fall) über 20.000 Zivilisten innerhalb von paar Monaten, hat nichts mit und darf auch nicht mit Selbstverteidigungsrecht verwechselt oder rechtfertigt oder so legitimiert werden, das ignoriert jeglichem Empfinden und Logik von Gerechtigkeit sowie den Menschenrechten. Kein zivilisierter Mensch verhält sich so wie aktuell die Hamas oder die IDF.
Ein Versuch die Bombardements der IDF als angebliche nur Selbstverteidigung zu rechtfertigen, stellt einen Legitimierungsversuch von Handlungen gegen die Menschenrechte, das ist was du @Sofian hier bnetreibst, beim Gerede über „Delegitimation“.

die 40.000 stehen gegenüber den 2.000 (Zahlenhöhe insgesamt für Tote auf die beiden Seiten jeweils und in ca.)
ich bin grundsätzlich gegen Kriegshandlungen, daher der Blickwinkel so

das erlaubt oder rechfertigt trotzdem nicht das Töten von Zivilisten
und was einen „Schutzstatus“ angeht, was vom Kriegsrecht stammt,
wie gesagt, ich halte mich an die Menschenrechte,
das Kriegsrecht setzt in irgendeiner Hinsicht Krieg als legitimiert voraus (entsprechend bewerte ich es den Menschenrechten unterlegen),
was im Endeffekt der Kriegstreiberei dient und absichtlich als Argumentation eine Desinformation darstellt (hier deinerseits)

Erwartest du jetzt ein Kompliment an die IDF dafür?
Solche Vergleiche sagen was über das Mindset von Kriegstreibern aus

und die stellst du an, samt Doppel-, Dreifach- und sonstigen bemühten „Standards“, um die Kritik an der israelischen Menschenrechte-verachtende Vorgehensweise gleich unter einer Dämonisierugsdoktrin von Antisemitismusvorwürfen zu stellen. Geht`s billiger?
Auf dem Hintergrund der Tausenden von Toten im Nahost erscheint mir deine Haltung wie gefährliches nationalistisches Delirium. Mal wieder.
Also versuch lieber gemäß deinem Nietsche-Zitat oben "…nicht selbst zum Ungeheuer zu werden.“

ps.
tut mir leid dass es persönlich endet, doch wiederholt Antisemitismus-Vorwürfe und ähnliches, nehme ich doch persönlich

Es ist schön für dich, dass du meinst, du könntest dir internationale Rechtsdokumente so auslegen, wie du möchtest. Ändert nichts daran, dass solche Dinge wie das humanitäre Völkerrecht und Kriegsrecht existieren, gelten und Anwendung finden.

Palästina bräuchte vor allem erstmal eine demokratisch gewählte und denkende Regierung und einmal auskehren, um die Hamas-Überbleibsel aus ihren Strukturen zu verbannen. Genau das, was Deutschland nach dem zweiten Weltkrieg gebraucht hat.

Doch, genau das tut es. Es erlaubt und rechtfertigt sogar im Sinne der Menschenrechte, dass Zivilisten in diesen Situationen keinen Schutz genießen dürfen! Weil ansonsten Menschen wie Putin, Kim Jong Un etc ihre militärischen Basen mit Zivilisten umringen werden, im festen Wissen, dass es Menschen wie dich gibt, die jeden Gegenschlag auf diese Einrichtung verhindern werden, egal wie viel Leid von ihnen ausgegangen ist. Russland bereitet den Abschuss einer Atomrakete in Kaliningrad auf Berlin vor und Deutschland könnte es mit einem Schlag eines Taurus verhindern? Nein, bloß nicht, da stehen zehn Busse mit Zivilisten auf der Basis!

Das Kriegsvölkerrecht schützt Menschen. Es verhindert, dass Menschen als menschliches Schutzschild missbraucht werden können. Daher mag diese Regel zwar grausam erscheinen, denkt man aber die Konsequenzen durch, ist es pure Logik und im Einklang mit der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte. Das Kriegsvölkerrecht wurde in dem Wissen verfasst, dass Krieg grausam ist und stellt einen Versuch dar, die Menschenrechte in der Grausamkeit des Krieges zu wahren. Es ändert aber nichts daran, dass Kriege grausam sind.

Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte ist übrigens nicht absolut gefasst. In ihr stehen auch Pflichten und Grenzen der Rechte.

Nein, es war ein Versuch, dir deine Doppelstandards vor Augen zu führen. Hat scheinbar nicht geklappt.

Nach deinem letzten Beitrag aber ist mir bewusst, dass du schon viel zu tief im Antisemitismus versunken bist. Du malst dir die Welt, wie sie dir gefällt und passt.

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ich sehe nicht ganz, dass so viel Fortschritt substanziell in der Frage nach Krieg und Frieden gebracht hat, trotz teils Erfolg bei der Behandlung von Kriegsgefangenen und Zivilisten
also braucht es eine radikalere Kritik…

ja, eine demokratisch gewählte und denkende Regierung, sicher…
dennoch, Deutschland befand sich nach dem 2.WK in einer einigermaßen geschützten Umgebung und hatte einen Mashall-Plan zur Unterstützung
Wo ist das im Fall von Palästina?

das ist ziemlich zurechtgebogen als Argumentation. Wer den Abschuss einer Atomrakete plant, rechnet nicht mit dem Überleben von „zehn Busse mit Zivilisten auf der Basis“, egal was das Kriegsvölkerrecht sagt.
Sieht man schließlich auch beim Bombardieren der IDF, fiktional muss es nicht werden.

dafür braucht es eine Vergleichsgrundlage, eine solche ist nicht in meiner Argumentation, die Doppelstandards widerspiegeln wohl nur deinem Denken

auch da entspringt der angebliche Antisemitismus deiner Phantasie, reflexartig bei Israelpolitik-kritischen Positionen - da kann ich scheinbar auch nichts mehr ändern…

und um auch zurück zum Thread-Thema zu kehren, bedenke:
die Aufklärung über Antisemitismus ist wichtig, doch die Fiktion eines allgegenwärtigen Antisemitismus samt solcher Vorwürfe bei jeglicher Israelpolitik-Kritik, dient nicht dem erwünschten Frieden für die Menschen in Israel, die kollektiv zu Geiseln der Nationalisten werden, zu Geiseln der Besatzung und der Kriegslobbys…
und so an keine konstruktive Friedensperspektive zusammen mit ihren Nachbarn investieren können

oot, aber eigtl. doch nicht.

Antisemitismus, falls jemand das Thema mit Humor aufarbeiten/begreifen möchte, hier zwei Buchempfehlungen:

Habe sie selbst nicht gelesen, sondern nur die Buchbeschreibungen. Finde, dass es jedoch ein guter Weg ist, sich selbst auf Antisemitismus zu überprüfen. Lacht man oder lacht man nicht und warum jeweils.

fassungslos…
das heisst es wohl - zu recht.

Ich habe mal selbst als ´Vertriebener - bzw. eigentlich nur ´zu-spät-Aussiedler´ - zu einer Diskussion eingeladen geworden, teilgenommen (naiv, unbedarft, ungeübt…)
Anlass: SPD-Tagung zu Frage (sinngemäss):
Was wiegt schwerer: Weltkrieg anzetteln oder Vertriebener zu sein, zu erdulden)
Augenscheinlich nur eine Kausale Folge: Ursachen - Folge.
(aber auch da nicht in einer ´genehmen Einfachheit´zu betrachten)
Vor Allem - war mir schnell bewust:
Zahlen vs.Traumata taugt nicht als ´Aufrechnung´ der Sünden.
Äpfeln und Birnen - Früchte des Zorns.

Lasst los von Loyalitäten, die nicht die richtigen sind !!!
Das ´Humane´ zählt.
Und (leider) sehen die Opferzahlen so:
zu viel vs. zu viel.

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Oh, nee oder doch? Du meinst das echt so?!
Die Griechen sind Griechen aber nicht das Volk Griechisch-orthodoxe (Beispiel). DAS ist der Unterschied zw. Releigion und Volk.
Wieso kapiert das keiner?

Alle anderen Beispiele sind jämmerliche Versuche etwas zu erklären, was aber insich schon falsch ist.
Juden sind eine Glaubensgemeinschaft und kein Volk.

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Weil’s einfach falsch ist. Weil du einfach nicht verstehst, wie Ethnogenese funktioniert. Ansonsten wüsstest du, dass die strikte Trennung von Zugehörigen einer Religion und Zugehörigen eines Volkes in vielen Fällen nicht möglich bzw. nötig ist. Du blendest aus, dass Religion in der Ethnogenese eine identitätsstiftende Rolle spielen kann. Volk bedeutete eben nicht, dass es eine genetisch-biologische Komponente geben muss, sondern ist im Grunde einfach nur ein Identitätsding.

Dein Vergleich mit dem Christentum ist dagegen einfach nicht zutreffend. Das Christentum spielte in der Ethnogenese eines Volkes keine Rolle, sondern war vielmehr ein universal-verbindendes Element für Europa. Es verstand sich niemals als Religion nur eines Volkes, sondern hatte von Anfang an einen Universalvertretungsanspruch. Selbiges gilt für den Islam und den Buddhismus. Sie haben den Anspruch, die Religion der Menschen zu sein.

Bei anderen Religionen dagegen, wie dem Judentum, waren Religionsgemeinschaft und Trägervolk oft identisch. Sie haben keinen Universalvertretungsanspruch, stattdessen verstehen sie sich als die Religion eines Volkes. Das Judentum z.B. als die Religion des „Volks Israel“, der Hinduismus als die Religion der Indischen Völker und Religionen der Ainu, der Maori oder der Inuit. Auch dort sind Anhänger der Religion und Angehörige des Volkes oft identisch, auch dort waren die Religionen identitätsstiftend für das jeweilige Volk und entscheidend an deren Ethnogenese beteiligt.

Das bedeutet natürlich nicht, dass sich nicht ein Angehöriger eines anderen Volkes einer solchen Religionsgemeinschaft anschließen kann - in vielen Fällen geht damit dann auch die Integration in die Gemeinschaft einher.


Die strikte Unterscheidung, dass es kein „jüdisches Volk“ gäbe, sondern nur „Gläubige“, stammt nicht aus dem Judentum selbst. Für das Judentum zentral ist die Überzeugung, dass Gott mit ihrem Volk einen Bund geschlossen hat, und dass alle Angehörigen dieser Gemeinschaft ein Volk sind.

Die Unterscheidung kommt von außerhalb, denn wenn es kein Volk gibt, hat dieses natürlich auch keinen Anspruch auf einen Staat - und passt damit wunderbar ins Narrativ des „Kolonialismus“. :wink: Zudem hat sie natürlich auch eine rassistische Komponente, weil sie davon ausgeht, dass „Völker“ irgendwas biologisches ist.

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Wenn ich die ganze Diskussion hier um Religion und Volk so lese fühle ich mich grundsätzlich immer mehr in meiner Anti-religiösen Haltung bestätigt .
nicht nur dass Religionen in vielen Fällen als ursächliche Begründung
für alle möglichen gewalttätigen Auseinandersetzungen dienen -
das Thema führt sogar hier zu Streitereien .
Vielleicht können die Hauptbeteiligten hier einfach mal das thema Religion
(Judentum und Islam) ausblenden .
Lag mir jetzt einfach so auf der Zunge .

Ja zu Ersterem und Nein zu Zweitem.
Religion und Glauben führten und führen zu Kriegen und Feindseligkeiten.
Hier bei DiB sehe ich aber eher Missverständnisse aufgrund von Nichtwissen, zu wenig Wissen oder Allgemeinwissen. Letzteres ist oft das, was man so denkt, wie es ist oder sein könnte.

Mir geht es bspw. oft so, dass ich zwar ein sehr breites Wissen zum Thema habe, aber nicht in der Tiefe Bescheid weiss, wie bspw. @Kai.Dorra oder @Sofian oder sicher auch ein paar andere.
Wenn ich dann deren Aussagen recherchiere (nicht immer :wink: ), stelle ich sehr fasziniert Übereinstimmung fest.

Will sagen, dass mein geballtes Halbwissen eben bei solchen Fachdiskussionen auch mal hinten anstehen darf.

Ansonsten ja, Glaube und Religion können Menschen Halt und Hoffnung geben, aber ich denke, dass sie in Summe mehr Elend verbreiten. Das ist lediglich meine Meinung, keine wissenschaftliche Erkenntnis.

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Würde ich gerne. Denn eigentlich denke ich genauso, dass Religion mehr Probleme schafft als löst.

Leider kann man das Thema in diesem speziellen Themenfeld nicht ausklammern, weil es der zentrale Punkt ist. Im Grunde sind da sechs Religionen (Islam, Christentum, Judentum, Samaritaner, Bahá’i und Drusen), die irgendeinen Flecken Land als Heilig betrachten. Das macht die Sache ja so kompliziert…

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Jetzt bin ich ehrlich gesagt ein bisschen enttäuscht, weil Du auf meine Argumente überhaupt nicht eingegangen bist, sondern stattdessen einfach mit „Es ist so, weil ich es sage!“ argumentierst.

Bitte erklär mir eins: wenn die alten Griechen und die alten Ägypter Kulturvölker sind, die tausende von Jahren in einem bestimmten Gebiet gelebt haben, eine eigene Geschichte, Kultur, Schrift und Sprache hatten, aber auch jeweils eine eigene Religion - warum sind die Juden dann Deiner Meinung nach kein Volk, obwohl genau dieselben Faktoren auch auf sie zutreffen? Oder nenne sie gerne auch Hebräer oder Israeliten, wenn’s Dir hilft, besser zu verstehen, dass Volk und Religion nicht deckungsgleich sind.

Übrigens: die Religion der alten Griechen war nicht „griechisch-orthodox“, sondern da gab es in der Antike eine komplexe Götter- und Sagen-Welt. Zeus? Poseidon? Morpheus? Schon mal gehört? Die orthodoxen Kirchen entstanden erst im Schisma zwischen Rom und Ostrom (Byzanz) ab dem 1. Jahrhundert n.Chr.

Übrigens: die römische Mythologie ist in weiten Teilen von der griechischen abgekupfert, man hat nur die Protagonisten umbenannt. Aus Zeus wurde Jupiter, aus Aphrodite die Venus, aus Poseidon der Neptun - und so weiter. Etwas sehr ähnliches passierte übrigens mit der jüdischen Religion und den Arabern. Der Koran erzählt große Teile des jüdischen Tanach nach, hat die Geschichten aber verändert. Und weil’s eine monotheistische Religion ist, wurden dann eben die Namen der Propheten angepasst: aus Abraham wird Ibrahim, aus Mose der Musa, aus David der Dawud - und aus Jesus, dem Sohn der Maria: Isa ibn Maryam.

Auch wenn die Ägypter im Zuge des arabischen Imperialismus ihre Sprache (die spricht nur noch eine verschwindend kleine koptische Minderheit) und weite Teile ihrer Kultur verloren haben, zweifelt übrigens niemand an, dass es sich dennoch weiterhin um ein Volk handelt. Also erklär mir doch bitte mal, warum Du den Juden im Gegensatz zu allen anderen absprichst, ein Volk zu sein. Dir ist klar, dass es nicht nur orthodoxe Juden und Reformjuden gibt, sondern auch säkulare Juden, die eben nicht religiös sind? Albert Einstein war säkularer Jude, Heinrich Heine und Felix Mendelssohn Bartholdy waren jüdische Christen, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Und alle drei waren sie Deutsche – na, rasselt es da in Deinen Stereotypen?

Aber bitte: erklär’s mir.

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Streng genommen geht es gar nicht wirklich um Religion. So war der panarabische Nationalismus – die Ideologie aus dem 19. Jahrhundert, die kein Israel zulassen will und bis heute dafür sorgt, dass es keinen Frieden in Nahost gibt – anfangs gar nicht religiös, sondern eine nationalistisch-imperialistische Bewegung als Gegengewicht zum osmanischen Imperialismus. Erst später begann man, den Islam für diese Ideologie zu instrumentalisieren (und das sehr selektiv). Israel selbst ist übrigens von Anfang an ein säkularer Staat und auch der Zionismus war keine religiöse Bewegung. Aber instrumentalisieren kann man alles, dafür braucht es keine Religion - da funktioniert Ideologie im Zweifelsfall genauso. Pol Pot, Hitler und Stalin ließen Millionen massakrieren, ohne dafür Religion zu brauchen.

Und mit Verlaub: Religion kann eben auch Trost und Motivation zu Gutem sein. Aus guten Grund ist die Glaubens- und Gewissensfreiheit im Grundgesetz festgeschrieben. Sobald ich meine Religion aber einem Anderen um die Ohren haue, wird’s problematisch.

Im Grunde geht es hier um Völkerrecht. Darum, dass jeder ein Recht darauf hat, in Freiheit und Frieden zu leben. Und dass eine Ideologie, die darauf beruht, dass es ein Land und seine Bevölkerung einfach nicht geben DARF, in der heutigen Zeit einfach keine Existenzberechtigung mehr hat. Ganz egal, ob Türken* die Armenier oder Kurden, Russen* die Ukrainer oder Araber* die Juden vernichten wollen. Weil es angesichts eines solchen Weltbildes keine Alternative und keinen Kompromiss zu friedlicher Koexistenz gibt und geben darf.

*) Disclaimer: Nein, natürlich nicht ALLE Türken, Russen oder Araber. Ich spreche von Vertretern genozidaler Ideologie, nicht von ganzen Völkern.

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?
Gibt´s Jüdische Konvertierung?
Muss man/frau nicht von Jüdischer Mutter abstammen?

(hat nicht Paulus mit Geldhilfe die Jünger dazu bewogen die ´Gnade der Jesus-Lehre´ den Römischen Folower zukommen zu lassen (?),
und da die ´eiserne Konvention´ des Judentums auf zu brechen?)

Judentum ist eine Religionsgemeinschaft mit überaus starken Zusammenhalt - Kraft schöpfend auch aus dem ´historischem Leid´ . Und da gibt´s viel Gründe.

Nur, ist Israel ein ´Gottesstaat´?
Nein. Eigentlich sogar sekulär (gewesen?).
Ist Israelische Regierung ganz Israel?
Nein. Eigentlich ist diese reaktionär (!), und es gäbe starke Oposition, wenn nicht weiteres ´geschichtlichen Schlag´…

Äpfel und Birnen.

Anders mal gefragt: Mosad hat mit präparierten Piepern sehr gezielte Aktionen hingelegt.
Wieso musste Militär brachial Tunnel in Gasa, etc. ausheben?
Quie bono?

Aber ja! Ein Beispiel aus meiner Familie:
Mein Bruder ist Konvertit. Christlich protestantisch getauft und konfirmiert, trat er mit Anfang zwanzig zum Judentum über. Und das mit aller Konsequenz, die man nur aufbringen kann. Heute verdient er einen Großteil seines Geldes mit der Begutachtung der Herstellung kosherer Lebensmittel, seien es Kekse oder Wein, weil er die Lebensmittelgesetze der jüdischen Religion besser verinnerlicht hat als so mancher „nativer“ Jude.
Und glaube mir, es kann sehr anstrengend sein, in einem jüdisch-orthodoxen Haushalt zu Gast zu sein, wenn man die Gebräuche nicht kennt.

Unsere Mutter war so Goje wie man nur sein kann. Ergo: Nein.

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Nun ja… Die Piper-Aktion wird sicherlich in die Geschichte eingehen. Das und die nachfolgenden umfassenden Enthauptungsschläge (Ich weiß von keinem in der Geschichte, der so umfassend war und zugleich so wenig Zivile Opfer gekostet hat. Man ging immer davon aus, für einen so umfassenden Enthauptungsschlag bräuchte es Atomwaffen…) gegen die Hisbollah, die ebenfalls durch den Mossad koordiniert worden waren, werden wohl das Bild des Mossad als der effektivste Geheimdienst zementieren.

Aber auch der Mossad ist nicht allmächtig. Die Lage der Tunnel wurde sicherlich auch hier von Shin Bet und Mossad aufgeklärt. Aber wenn sich keine Gelegenheit bietet wie mit den Pagern der Hisbollah, dann kann auch der Mossad nichts machen. Also muss dann die Armee ran.

Und solange die Tunnel existieren, ist die Hamas halt eine Gefahr. Manchmal ist Krieg einfach trivial. Und diese Trivialität macht ihn grausam.

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Danke für die Schliessung der Wissenslücke.

Aber zurück zum Thema.
Meine Solidarität gilt den Zivilisten - die meinetwegen an die 'heilige Miki Maus´ glauben,
nicht aber den Hardliner. die die Fronten definieren.
Und hier haben wir ziemlich eindeutig mit Eskalation von gegenseitigen Provokationen, bis Pogromen zu tun.

Teufel werde ich tun, einer der Seiten Recht (oder Rechtfertigung) zu geben.

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Du behauptest allen Ernstes, die Hamas ist eine Gefahr solange es Tunnel gibt? Oder anders herum, wenn alle Tunnel zerbombt sind, ist die Hamas erledigt? So einfach ist das für mich nicht.
Ich behaupte vielmehr, dass die Hamas nur existiert, weil die Menschen in den sogenannten palästinensischen Gebieten seit Jahrzehnten, also seit Generationen, so viel Unterdrückung, Unrecht, Schikane und vor allem auch Gewalt erfahren, bis hin zum Tod. Das ist so offensichtlich zu erkennen, dass mir keiner kommen braucht, um mir etwas anderes zu erzählen. Und weil die Welt zuschaut und sich einen Dreck darum kümmert. Zuletzt in der Ermordung vieler Tausend Menschen in Gaza. Offizielle Zahlen sprechen von rund 42.000 Toten, darunter 16.000 Kinder. Inoffizielle Zahlen von unabhängigen Menschenrechtsorganisationen meinen, die Dunkelziffer dürfte eher bei deutlich über 100.000 Menschen liegen, da unzählige Menschen noch vermisst werden.

Dass da Menschen heranwachsen, die all dieses Leid und Unrecht nicht mehr ertragen und irgendwann selbst zu Gewalt greifen, muss einen nicht wundern. Und so gewinnt man auch die Überlebenden nicht. Die bleiben Feinde. Umso erbitterter, je verheerender ihre Häuser zerschossen, ihre Felder verbrannt, ihre Leben verwüstet wurden. Das nährt die Hamas. In den Köpfen, in der Seele. Unabhängig ob es Tunnel oder andere Verstecke für die Kriegsführung gibt.

Und ja, Israel darf sich verteidigen gegen Gewalt, die von außen kommt. Aber in der aktuellen Situation noch von Verteidigung zu sprechen ist der blanke Hohn und Menschenverachtung pur. Das können nach meinem Empfinden nur Menschen, die vollkommen empathielos gegenüber dem Leid Hunderttausender Menschen sind, die nun auf der Flucht sind, oder verletzt, traumatisiert oder inzwischen auch getötet. Die Menschen in Gaza, und wir alle wissen, dass ein Großteil davon Frauen und Kinder sind, können dem unmenschlichen Morden doch gar nicht entfliehen. Wo sollen sie denn hin? Politische Stimmen in Israel fordern übrigens offen, diese auszuhungern, so lange bis alle Hamaskämpfer getötet sind. (Nachweis am Ende). Das, was gerade in Gaza passiert, ist meiner Meinung nach nicht mit unserem Humanismus, unserem Verständnis von Menschenwürde und unserer Moral vereinbar.

Präsident Netanyahu hat schon vor gut einem Jahr (28.10.2023) in einer Rede, deren Video auch jetzt noch in den Sozialen Medien zu finden ist, offen zur biblisch legitimierten Vernichtung aller Palästinenser*innen aufgerufen, die er mit “Amalek” vergleicht. Was sagt das Alte Testament über “Amalek”? Es sagt Folgendes: „Darum zieh jetzt in den Kampf und zerstöre “Amalek.“ Weihe alles, was ihm gehört, dem Untergang! Schone es nicht, sondern töte Männer und Frauen, Kinder und Säuglinge, Rinder und Schafe, Kamele und Esel” (1. Samuel 15:3). Netanyahu hat schon damals ausdrücklich alle Palästinenser*innen, nicht nur die Hamas, mit dem biblischen Erzfeind gleichgesetzt und dämonisiert. Genau so handelt die Israelische Regierung seitdem.

Israelische Soldaten und andere Menschen, auch in der israelischen Regierung, die es feiern, wenn wieder einmal ein Treffer Dutzende unschuldiger Menschen getötet und verletzt hat, die Spaß daran haben, zuvor erschossene palästinensische Kinder mit dem Fuß von Dächern zu treten (dieses übrigens nicht in Gaza, sondern im illegal besetzten Westjordanland!), die sich am Foltern, Misshandeln und Misshandeln von Gefangenen ergötzen und sich auch nicht scheuen dies aller Welt über die Sozialen Medien mitzuteilen, sind genauso unmenschlich und krank und keinen Deut besser als diejenigen, die vor einem Jahr die gleichen Gräueltaten beim Überfall auf das Festival begangen haben. Das ist keine Verteidigung, das ist Rache und der pure Hass. Oder vielleicht „Amalek“? Ich habe keine Ahnung, ehrlicherweise kannte ich den Begriff vorher nicht, musste erstmal googeln.

Immer mehr Menschen, auch jüdische, formulieren inzwischen deutlich, dass sie sich dafür schämen und auch wütend sind, was da angeblich in ihrem Namen passiert. Zumal ja von verschiedenen Seiten der israelischen Regierung offen ausgesprochen wird, dass Israel Gaza und Westjordanland endlich für sich haben möchte. (taz: Sicherheitsminister Ben-Gvir bei der Gaza Konferenz im Januar 2024: „Wir müssen legale Wege finden, um die Palästinenser zur Emigration zu bewegen“).

Diese Kritik an der Regierung und deren Unterstützer*innen auszusprechen kostet sie oft sehr viel Mut, weil man halt allzu oft gleich in die Antisemitismusschublade gesteckt wird. Ich ahne schon, dass es mir auch hier mit diesem Beitrag so gehen könnte. Trotzdem möchte ich wenigstens einmal meine Gedanken hier loswerden, ansonsten bemühe ich mich um Zurückhaltung. Ich bin auch nicht auf eine lange Diskussion hierzu aus, die hatte ich zum Beispiel schon mit @Kai.Dorra an anderer Stelle und die hat auch nicht dazu geführt, dass wir letztlich zusammenfinden konnten. Ich habe nicht die Zeit und vor allem nicht die Kraft, hier auf dem Marktplatz meiner “Herzenspartei” Menschenrechte verteidigen zu müssen. Aber dieses eine Mal musste ich heute doch meine Gedanken und Gefühle gerade auch hier loswerden.

Ich bin solidarisch mit allen Menschen, die Unterdrückung, Gewalt und Ausbeutung erfahren, mit Jüd*innen genauso wie mit Palästinenser*innen oder anderen Nationalitäten.

Frieden in Israel/Palästina kann es meines Erachtens erst dann geben, wenn sowohl die jüdische/israelische Bevölkerung als auch die palästinensische eigene Gebiete haben, in denen sie selbstbestimmt und sicher leben dürfen. Dass dies seit Jahrzehnten nicht so ist, habe ich bei meiner Israelreise 2009 selber erfahren, und ich weiß dies auch, weil ich inzwischen Familienangehörige habe, die in der Westbank leben. Wo auch aktuell palästinensische Bauern von ihrem Land von Siedlern mit Hilfe der israelischen Armee vertrieben werden und ihre Dörfer für Siedlungen für Israelis einfach plattgemacht werden. Unrecht und Gewalt geschieht dort jeden Tag. Menschen, die nicht schnell genug wegrennen oder sich den Israelis sogar in den Weg stellen, um ihre Familien oder ihr Eigentum zu schützen, werden oftmals skrupellos erschossen. Nicht erst seit dem 7.10., aber seither gefühlt deutlich mehr. Zu Recht hat der internationale Gerichtshof die Besatzung der palästinensischen Gebiete im Juli diesen Jahres für illegal erklärt.

Ach ja, vielleicht noch ein Buchtipp für alle, die versuchen wollen, die Situation der Palästinenser*innen, die in Israel in Gaza und in der Westbank leben (müssen) ein bisschen nachzuvollziehen. Anhand einer einfachen Geschichte wird jüdisches und palästinensisches Leben in Israel sehr eindrücklich dargestellt. Das Buch hat übrigens den Pulitzer Preis erhalten, und dies obwohl sich etliche große Verlage in Deutschland nicht getraut hatten, es zu verlegen. Das Thema sei ihnen zu heikel. Erst ein kleiner Verlag erklärte sich nach längerer Suche bereit, das Buch zu verlegen. Solche Probleme gab es übrigens nur in Deutschland, nicht in den anderen zahlreichen Ländern, wo es auch erschien.

“In seinem gut recherchierten Werk, das wenige Tage vor dem Anschlag am 7. Oktober 2023 veröffentlicht wurde, geht Nathan Thrall nicht nur auf die komplexe Geschichte der Besetzung ein, vielmehr macht er sichtbar, was oft übersehen wird: das Leben der Menschen in einem zerrütteten Land.”
Ein Tag im Leben von Abed Salama – Nathan Thrall, Lucien Deprijck | buch7 – Der soziale Buchhandel
ich selbst habe es noch nicht ganz durch, aber ich glaube, es ist wirklich geeignet, die Situation in Israel für alle Menschen, die dort leben, aber speziell natürlich der Palästinenser*innen, nachzuempfinden.

Zum Schluss noch zwei Nachweise:

Deutschlandfunk vom 08.08.2024:
Wie unter anderem Haaretz berichtet, hatte sich Israels Finanzminister Anfang der Woche zu den rund zwei Millionen palästinensischen Bewohnern des Gazastreifens geäußert. Demnach sagte er, es wäre moralisch und richtig, sie zu Tode hungern zu lassen, bis die von der Terrororganisation Hamas verschleppten Geiseln freigelassen würden. Allerdings werde die Welt Israel das nicht tun lassen.

ntv vom 03.01.2024
Ultrarechte wollen Umsiedlung: Berlin und Paris kritisieren Gaza-Pläne israelischer Minister - n-tv.de
“Der ultrarechte Minister Ben Gvir von der Partei Jüdische Kraft hatte den Abzug der Palästinenser und die Wiedererrichtung israelischer Siedlungen im Gazastreifen als „eine korrekte, gerechte, moralische und humane Lösung“ bezeichnet. Der Krieg sei eine Gelegenheit, die „Umsiedlung der Bewohner des Gazastreifens“ zu fördern. Smotrich von der Partei Religiöser Zionismus hatte vorgeschlagen, Israel solle die Palästinenser im Gazastreifen „ermutigen“, in andere Länder umzusiedeln. Wenn Israel richtig vorgehe, werde es eine Abwanderung von Palästinensern geben, „und wir werden im Gazastreifen leben“, sagte der israelische Finanzminister einem Armeesender.”

Ich würde mir wünschen, dass mein Beitrag hier vielleicht zum Nachdenken anregt und dass sich die Leser*innen hier vielleicht darauf besinnen, dass Menschenleben nicht einfach als Kollateralschaden gesehen werden dürfen. Jedes Leben zählt. Jedes einzelne.

Eure Sabine


Israelische Zeitung zum Jahrestag des Überfalls

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Ich nehme mir immer wieder vor, hier nicht zu diskutieren, weil ich zu wenig Ahnung von dem Thema habe.

Manchmal geht es mir aber so wie @Bine, ich möchte meine Gedanken hierzu doch mit euch teilen.

Ich versuche immer, das Problem auf die zwischenmenschliche Ebene zu führen.

Alle Menschen sind gleich und haben die gleichen Rechte.

Wenn alle Menschen das ernst nehmen würden, könnte es keine Kriege mehr geben.

Das ist möglicherweise naiv, aber auch wahr.

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Dann lebst du in einer anderen Welt als ich. Wir haben schon in der 5. Klasse im Religionsunterricht darüber geredet - das war eins der ersten „Probleme“ (wissenschaftlich gemeint), die wir in der Schule besprochen haben, zu dem ganz deutlich gesagt wurde, dass wir es nicht lösen können, weil es ein zu hohes Level an Komplexität beinhaltet.
Ich verstehe etwas anderes unter „zuschauen und sich einen Dreck kümmern“.

Das finde ich absolut verständlich. Wundert mich auch nicht.
Ein paar weiterführende Gedanken dazu: Was ist denn dann die Lösung? Den Hass willkommen heißen? Sich von dem Hass abschotten, möglichst ohne Interaktion? Während man beschossen wird die Hand der Freundschaft hinhalten (vermutlich kann man das aus beiden Perspektiven fragen)?
Und wie sieht es für dich aus, wenn jemand seit Jahrzehnten von den Nachbarn beschossen wird, hasserfüllt bedroht wird, es klar ist, sollte die Verteidigung bröckeln, wird man angegriffen - mit dem Ziel, das Land vollständig zu erobern? Wie könnte man denn abwägen, ab wann jemand „zu viel Leid und Unrecht ertragen“ hat, was dann Gewalt „rechtfertigt“? Ich finde nicht, dass man solche Überlegungen tatsächlich zu Ende denken kann oder sollte.

Vielleicht wäre es hilfreich, wenn du in so vielen Punkten differenzierst, bei solchen klarer zu machen, was konkret du meinst. Israel wurde durchgehend weiter beschossen - also ein Angriff von Außen, wogegen du Verteidigung auch nachvollziehen kannst.
Darf man sich deiner Meinung nach nur bis zu den eigenen Landesgrenzen (oder was auch immer man als solche akzeptiert) verteidigen? Muss man warten, bis der Angreifer eine bestimmte Linie überschreitet? Wenn ja: Wo ist die? Und was ist dann erlaubt?
Dafür haben sich Menschen Regeln gegeben. Um Sir Terry Pratchett frei zu zitieren: Menschen wissen, wie sie wären, wenn sie keinen Regeln für den Krieg hätten. Ich kenne mich in Kriegsrecht nicht aus, aber ich hoffe auch, dass alle Menschen, die Verbrechen begehen (egal, auf welcher Seite), für diese zur Verantwortung gezogen werden.
Deine Darstellung jedoch scheint mir zu einfach.

Also gibt es auf beiden Seiten politische Stimmen, die erst aufgeben wollen, wenn der jeweils als Feind betrachtete andere vernichtet wurde. Auf der einen Seite ist das hier für dich ein Argument, dass eine Regierung Menschenrechte missachtet. Auf der anderen Seite fokussierst du dich auf die Zivilbevölkerung.
Ich will hier gerade nichts verteidigen, ich finde nur wirklich schwer nachvollziehbar, wie dieses „zweierlei Maß“ Messen begründet ist.

Ohne Kontext könnte der Satz im Sinne jeder beteiligten Seite gesagt worden sein…

Und nicht gegeneinander aufgerechnet werden… Als ob ein Menschenleben sobald es genommen wurde, nur noch Bedeutung hat, weil es eine Zahl erhöht.
Die eigene Bevölkerung absichtlich in Gefahr zu bringen ist auch eine Art von „Menschenleben nur als Kollateralschaden sehen“.

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Liebe Liv, eigentlich wollte ich mich hier gar nicht großartig auf Diskussionen einlassen, aber weil du mir wichtig bist, will ich auf deine Rückmeldungen eingehen und hoffe, dass du wenigstens ein bisschen verstehen kannst, um was es mir geht.

Liebe Liv, ich kann mich nicht daran erinnern, während meiner Schulzeit jemals etwas davon gehört zu haben, dass die palästinensische Bevölkerung im Westjordanland und in Gaza unterdrückt wird und nicht frei leben kann. Und auch in ständiger Bedrohung zum Teil des eigenen Lebens leben muss. Ebenso kann ich mich nicht daran erinnern, dass jemals die offizielle Politik Freiheit und Gleichberechtigung für die palästinensische Bevölkerung in Israel nachhaltig gefordert hat und Israel aufgefordert hat, diese ungerechten Zustände zu beseitigen. Wann man glaubt, ein Problem aufgrund seiner Komplexität nicht lösen zu können, darf man es trotzdem benennen, in diesem Fall auf Verletzungen von Menschenrechten hinweisen und das Ende der Unterdrückung offiziell einfordern. Das ist aber nach meiner Erkenntnis nicht oder nicht ausreichend passiert.

Außer in den letzten Monaten, wo die Situation so unerträglich und geworden ist. Wenn dann mal was gesagt wurde meist von NGOs und (fast) keiner wollte es hören.

Der Beschuss erfolgte stets von beiden Seiten, meines Wissens von Israel um ein Vielfaches mehr als von der palästinensischen Seite aus. Und auch mit einem Vielfachen von Opfern. Und diejenigen, die schießen, sind erstmal nicht die gleichen, die in den besetzten Gebieten friedlich leben. Vermische das bitte nicht alles. Die Unterdrückung erfolgt ganz einseitig von Israel aus. Die Zivilbevölkerung hat damit aber erstmal gar nichts zu tun. Die allermeisten wollen nur in Frieden und Freiheit leben. Dass sich natürlich auch aus dieser Gruppierung gewaltbereite Kämpfer entwickeln, die sich dann irgendwann möglicherweise auch der Hamas anschließen, will ich gar nicht bestreiten. Ich bin aber nach wie vor überzeugt, dass sich auch eine Terrorgruppe wie die Hamas nur bilden und etablieren konnte, aufgrund dem Leid, das die Palästinenser*innen erfahren haben, durch die vielen Vertreibungen und die Ungerechtigkeit und Gewalt, die sie über Generationen erfahren mussten. Ich habe auch keine Lösung, die Hamas zu besiegen, außer man nimmt ihnen den “Nachwuchs” indem man das friedliche palästinensische Volk anständig und gerecht und auf Augenhöhe behandelt und ihnen Raum für ein selbstbestimmtes eigenständiges Leben gibt.

Liebe Liv, ich kenne mich auch nicht im Kriegsrecht aus. Aber der internationale Gerichtshof schon. Und Israel wurden schon im Januar Maßnahmen auferlegt, weil es wegen Völkermord angeklagt wurde und es scheinbar nicht ausgeschlossen war, dass an dieser Anklage etwas dran sein könnte. Hinweise darauf sind zum Beispiel die schockierend hohe Anzahl an toten und verletzten Zivilpersonen, vor allem Kindern, die weitreichenden Zerstörungen durch Israels fortgesetzte Bombardierungen und die vorsätzliche Verweigerung humanitärer Hilfe im Rahmen der anhaltenden rechtswidrigen Blockade. Weitere Warnzeichen sind die zunehmende rassistische und entmenschlichende Rhetorik einiger israelischer Regierungsvertreter*innen, einschließlich des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu, sowie die langanhaltende Unterdrückung und Diskriminierung der Palästinenser*innen im Rahmen des von Israel etablierten Systems der Apartheid. Und außerdem ist keine Dokumentation von unabhängiger Presse erlaubt und inländische kritische Presseleute wurden gezielt tötet.

Ich weiß nicht genau, was du hier meinst. Ja, die Stimmen gibt es auf beiden Seiten.

Auf der einen Seite eine Regierung, die von sich behauptet, sie sei demokratisch, und außerdem u.a. von Deutschland und USA mit Waffen unterstützt wird. Diese Regierung ist rechtsradikal, aber demokratisch gewählt. Könnte übrigens uns auch bald blühen…

Die andere Seite ist eine Terrororganisation. Die zwar auch quasi die Macht ergriffen hat, aber sicherlich nicht als offizielle Regierung eines Landes angesehen werden kann. Diese Machtergreifung war nur möglich, weil eben die Palästinenser in Israel seit Jahrzehnten unter extrem schwierigen Bedingungen leben, aber niemals selbstbestimmt waren. Noch gibt es kein Palästina, wo die Menschen frei und unabhängig leben.

Und ja, ich fokussiere mich auf die Zivilbevölkerung, weil die ermordet wird und leidet.

Mit Kontext meine ich alles, was ich in meinem Beitrag geschrieben habe. Als Reaktion auf einen - zugegebenermaßen extrem widerwärtigen und maßlos gewaltvollen - Terroranschlags Zehntausende oder hunderttausend unschuldige Menschen töten, Millionen Unschuldige vertreiben und in die Flucht schlagen, Krankenhäuser bombardieren, humanitäre Hilfe verweigern, rassistische Rhetorik von Regierungsvertretern und israelischen Soldaten, Social Media Inhalte von Armeeangehörigen und auch israelischer Zivilbevölkerung, die Tote und Verletzte feiern und palästinensische Gefangene demütigen. Um nur einige Beispiele zu nennen. Dass ich da nicht ganz falsch liege, bestätigt vielleicht auch der Auszug aus der israelischen Zeitschrift „Hareetz“. Die kommen selbstreflektiert zum gleichen Schluss.

Dass ein Menschenleben, sobald es genommen wurde, nur noch Bedeutung hat, weil es eine Zahl erhöht, habe ich nicht geschrieben. Im Gegenteil, “Jedes einzelne zählt” waren meine Worte.

Auf der anderen Seite ist es aber schon so, dass 40.000 oder mehr Tote Zivilist*innen und 100 Tausende Verletzte, Millionen Menschen in Angst und Schrecken und auf der Flucht in keinem Verhältnis stehen zu ich weiß nicht wie vielen getroffenen Hamas-Terroristen. Die Angaben seitens Israels kannst du nicht ernst nehmen, da zählen selbst Säuglinge als Hamas-Terroristen.

Und was die menschlichen Schutzschilde angeht, auch das gibt es auf beiden Seiten. Auch Israel hat militärische Einrichtungen mitten in Wohnvierteln. Und sorry, den Angaben der IDF traue ich nicht. Mag sein, dass es in Einzelfällen so war, aber es gibt so viele solcher Aussagen, die sich im Nachhinein als dreiste Lüge bestätigt haben. Das haben journalistische Recherche, Organisationen vor Ort wie Unicef, Ärzte ohne Grenzen, etc. eindeutig bestätigt.

Erlaube mir vielleicht noch eine Anmerkung. Ich stehe zu „Nie wieder ist jetzt“.
Für mich ist das aber kein Freibrief für die Regierung Israels. Für mich bedeutet dieser Satz, dass es niemals wieder Unterdrückung und Ermordung von Menschen geben darf aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Volk oder Nation. Oben wurde um genaue Begriffe gestritten, da will ich mich gar nicht beteiligen, wie die korrekte Bezeichnung ist.

Für mich bedeutet dieser Satz, dass die Menschenrechte immer und ohne Ausnahme gewahrt werden müssen. Für alle Menschen jeglicher Herkunft oder Abstammung unabhängig von einer eventuellen Religionszugehörigkeit. Und dies sehe ich auf der Welt in vielen Fällen nicht. Und Israel gehört dazu.

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