Ein Wandel der Welt ist in der Regel eine Zeiterscheinung, im Falle eines positiven Wandels leider, im Falle eines negativen glücklicherweise.
Der denkbar schlimmste Auslöser für einen negativen Wandel, wie wir ihn zur Zeit erleben, ist ein Krieg, selbst dann, wenn dieser Wandel auch positive Begleiterscheinungen mit sich bringt wie aktuell das Zusammenrücken eines Teils der Weltgemeinschaft.
Unerwünschte Nebenwirkungen sind bei einem Wandel nicht ausgeschlossen. Wie kann dabei sogar eine glühende Pazifistin zur Befürwortung von Waffenlieferungen werden? Eine (im Laufe der Zeit etwas abgewandelte) lateinische Redensart erklärt es: Tempora mutantur, nos et mutamur in illis – Die Zeiten ändern sich, und wir ändern uns in ihnen.
Wir befinden uns in der Situation, dass aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit plötzlich ein 3. Weltkrieg als reale Bedrohung im Raum steht. Die Versäumnisse bestehen darin, dass jede Menge konstruktiver Warnungen, es zu dieser sich seit vielen Jahren abzeichnenden Situation nicht kommen zu lassen, nicht ernst genommen worden sind und so die Chancen, ihr frühzeitig entgegenzuwirken, verpasst worden sind.
Stattdessen hat man sich für die Befolgung der Ratschläge der Pazifisten nach dem Motto: „Wenn alle sich raushalten, kann ein Krieg nicht stattfinden“ entschieden. Man hat weggeschaut, den Dingen ihren Lauf gelassen und damit einem unberechenbaren Diktator die Zeit und den Raum zur Verwirklichung seiner destruktiven Pläne gegeben, statt sich ihm frühzeitig in den Weg zu stellen.
Das war schlichtweg Realitätsverweigerung, denn sowohl die Geschichte wie auch die jeweils aktuellen Geschehnisse sprachen eine andere Sprache – die allem voran zeigten, dass sich nie (!) alle (!) heraushalten werden.
Der beste Beweis, wozu Heraushalten oder zu spätes Einschreiten führen kann, ist die deutsche Geschichte. Mit einem Einschreiten der Alliierten durch eine konzertierte Aktion bereits bei dem Überfall Polens und kleiner Länder, die keine Möglichkeit hatten, sich selbst zu verteidigen, wären wahrscheinlich Millionen Menschenleben gerettet worden und ein Anlass zur Zerstörung ganzer Städte und existenzieller Infrastrukturen nicht gegeben gewesen.
Und wer weiß, wie das Ende ohne Churchill, der mit seinem Dickkopf das Einschreiten zumindest zu dem Zeitpunkt herbeigeführt hat, ausgesehen hätte.
Sieht vielleicht jemand Parallelen zur aktuellen Situation? Soll heißen, wäre bei diesem Krieg nicht jetzt zumindest der Churchill-Zeitpunkt gekommen?
Bei der Entscheidung über mögliche Vorgehensweisen liegt die Betonung auf zum jetzigen Zeitpunkt. Nachdem bereits günstigere Zeitpunkte versäumt worden sind**,** sehe ich als verbliebene Möglichkeit, auf die weitere Entwicklung Einfluss zu nehmen, nur noch, die Ukraine nach Kräften darin zu unterstützen, einen Sieg des Kriegsverursachers zu verhindern.
Wir müssen den Ukrainern dankbar sein, dass sie für die Verfolgung dieses Ziels ihr Leben aufs Spiel setzen. Auch, wenn sie es primär für die weitere Existenz ihres eigenen Landes tun, wäre ihr Sieg von Nutzen für ganz Europa und darüber hinaus.
Was sonst noch zur konstruktiven Nutzung des jetzigen Zeitpunkts möglich ist, demonstrieren die USA: Während Deutschland noch mit Abwägungen und Prüfungen beschäftigt ist, bilden sie ukrainische Soldaten schon mal zur Bedienung des Geräts aus, das ihnen eventuell demnächst zur Verfügung gestellt wird.
Zwar ist es richtig, dass mit der Unterstützung der Ukraine in dieser Form keine Garantie einhergeht, dass sie obsiegen werden oder verhindert wird, dass Putin und Komplizen chemische oder gar atomare Kriegswaffen einsetzen bzw. weitere Länder überfallen. Aber gibt es andere Mittel, die diese Garantie bieten würden?
Sich weiterhin ängstlich und friedfertig herauszuhalten (und Partner-Länder zu beeinflussen, es ebenfalls zu tun bzw. sich ihrem Wunsch, die Ukraine mit der Lieferung von Waffen zu unterstützen, entgegenzusetzen) betrachte ich daher nicht (mehr) als das Gebot der Stunde.